Auf der Suche nach Nahrung, Schutz oder Partnern überqueren Tiere Straßen ohne Vorwarnung. Grund dafür ist der sogenannte Wildwechsel: Wildtiere bewegen sich häufig auf vertrauten, regelmäßig benutzten Wegen. Insbesondere im Herbst bei Dämmerlicht kommt es deshalb schnell zu gefährlichen Situationen für Autofahrer.

Über 200.000 Wildunfälle gab es im Jahr 2016/2017 – hauptsächlich geraten dabei Rehe, Wildschweine oder Hirsche unter die Räder.

Prävention: Kann ein Unfall vermieden werden?

Ein Wildunfall lässt sich auch bei vorsichtiger Fahrweise nicht gänzlich ausschließen. Der beste Schutz ist dennoch eine angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Das gilt gerade für Gefahrenstellen, die durch entsprechende Verkehrszeichen gekennzeichnet sind. Prinzipiell können Wildunfälle zu jeder Tageszeit passieren. Dennoch besteht besonders während der Morgen- und Abenddämmerung ein erhöhtes Unfallrisiko. Zu dieser Zeit sind die Tiere besonders aktiv. Deshalb ist insbesondere beim Durchfahren von Waldstücken Vorsicht geboten.

Zusammenstoß: Wie Sie sich richtig verhalten

War ein Zusammenstoß nicht zu vermeiden, sollten Sie zunächst die Unfallstelle mit Warndreieck und Warnblinkanlage absichern. Verständigen Sie anschließend die Polizei. Wenn das angefahrene Tier noch flüchten konnte, informieren Sie zusätzlich den zuständigen Jagdaufseher, Jäger oder Förster. Ganz wichtig: Machen Sie Fotos vom Unfallort und dem Tier, von Ihrem Auto und dem entstandenen Schaden. Lassen Sie sich zudem die Unfallspuren am Auto von der Polizei oder dem Förster bestätigen.

Wichtig: Nehmen Sie das bei einem Unfall getötete Wildtier nicht mit, denn damit wäre der Straftatbestand der Wilderei (§ 292 Strafgesetzbuch, StGB) erfüllt. Auch sollten Sie nicht einfach wegfahren und das Tier auf der Straße liegen lassen.

Schadensregulierung: Wer bezahlt den Schaden?

Grundsätzlich übernimmt eine Teilkaskoversicherung einen Wildschaden mit Haarwild, also Rehen, Wildschweinen, Hasen, Füchsen etc. (§ 12 Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, AKB). Ob tatsächlich ein Wildunfall vorliegt, ist grundsätzlich eine Einzelfallentscheidung und hat maßgeblich Einfluss darauf, ob die Versicherung für den entstandenen Schaden aufkommt. Zudem ist nicht jeder Unfall mit einem Wildtier ein Wildunfall und damit ein Fall für die Versicherung.

Als Versicherungsnehmer sollen Sie nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nach Möglichkeit den Eintritt eines Versicherungsfalles verhindern (§ 82 VVG). Das ist einfacher gesagt als getan. Weichen Sie beispielsweise aus und landen im Graben oder beschädigen die Leitplanke, stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Versicherer für die entstehenden Kosten aufkommen muss.

Insbesondere die Größe des Tieres ist dafür entscheidend. Große Fahrzeugschäden und Risiken für Leib und Leben muss niemand hinnehmen. Sie rechtfertigen ein Ausweichen.

Versicherung: Darf der Versicherer die Leistung kürzen oder ablehnen?

Kommt es zu einem Ausweichschaden, prüft die Versicherung, ob der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt hat. Das kann dazu führen, dass die Leistung gekürzt wird.

Das Landgericht Trier (LG) hat in einem Fall entschieden, dass die Versicherung die Versicherungsleistung um 40 Prozent kürzen durfte, weil der Versicherungsnehmer einem Fuchs auswich. Das Gericht ging davon aus, dass es sich bei einem Fuchs um ein relativ kleines Tier handelt (LG Trier, Urteil v. 03.04.2010, Az.: 4 O 241/09).

Dagegen verurteilte das Oberlandesgericht Nürnberg-Fürth (OLG) eine Versicherung zur Zahlung eines Schadens. Der Autofahrer war mit 70 km/h unterwegs, als er einem Fuchs auswich und dafür eine Vollbremsung hinlegte. Das Auto kam von der Straße ab und es entstand ein erheblicher Sachschaden. Der Versicherer verweigerte die Leistung mit dem Einwand eines groben Fehlverhaltens. Das Gericht entschied zugunsten des Autofahrers. Denn wäre die Vollbremsung geglückt, wäre dies letztlich auch der Versicherung zugutegekommen. Hätte der Autofahrer den Fuchs aber überfahren, wäre am versicherten Auto ein Schaden entstanden, den die Versicherungsgesellschaft hätte zahlen müssen (OLG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 29.07.1999 - Az.: 8 U 1477/99).

Cornelia Lang
Redakteurin
anwalt.de services AG

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