Ein Verstoß gegen § 6b BDSG begründet nicht zwangsläufig ein zivilprozessrechtliches Beweisverwertungsverbot. Es ist im Einzelfall eine Abwägung zu treffen zwischen einerseits den Interessen des Datenschutzes, andererseits dem Beweisinteresse desjenigen, der das Beweismittel in den Prozess einführen möchte.
Aus dem Urteil
Die Videoaufnahme ist als Beweismittel analog § 371 ZPO verwertbar. Die Videoaufnahme ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 22 Kunsturhebergesetz unverwertbar. § 22 KunstUrhG schützt das Bildnis von Menschen. Auf dem Video sind Menschen nicht erkennbar. Das Video zeigt lediglich eine Fahrbahn, darauf fahrende Fahrzeuge und deren Kennzeichen.
Die Videoaufnahme ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 6b BDSG unverwertbar. Zwar ist zutreffend, dass § 6b BDSG grundsätzlich jegliche Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen, hiervon ist eine Videokamera ohne Weiteres erfasst, untersagt. Ein Verstoß gegen § 6b BDSG begründet jedoch nicht zwangsläufig ein zivilprozessrechtliches Beweisverwertungsverbot.
Es ist vielmehr im Einzelfall eine Abwägung zwischen den relevanten Interessen vorzunehmen, namentlich den Interessen des Datenschutzes, insbesondere des Persönlichkeitsrechtes möglich betroffener Dritter, dem Beweisinteresse desjenigen, der das Beweismittel in den Prozess einführen möchte, sowie dem grundsätzlichen rechtsstaatlichen Interesse an der Durchsetzung materiellen Rechts und materieller Gerechtigkeit.
Vorliegend sind schutzwürdige Interessen Dritter, insbesondere anderer Verkehrsbeteiligter selbst kaum betroffen. Auf der Videoaufzeichnung sind lediglich Fahrzeuge und Kennzeichen, keine Personen oder gar Gesichter erkennbar. Auch erfasst die Kamera nur einen sehr begrenzten Verkehrsbereich über den begrenzten Zeitraum von knapp 2 Minuten. Demgegenüber steht das Beweisinteresse des Beklagten, der, da er sich allein im Auto befand, anders kaum eine Möglichkeit hätte, etwaige Unfallereignisse beweisrechtlich zu dokumentieren.
Mit Blick auf das rechtsstaatliche Interesse an der Durchsetzung des materiellen Rechts erscheint es dabei kaum erträglich, dass allein aufgrund der Unverwertbarkeit des angebotenen Videobeweises, ein monetärer Anspruch dem Kläger zugesprochen werden soll, welcher nach tatsächlicher Faktenlage nicht besteht.
Gericht:
Amtsgericht Kassel, Urteil vom 12.06.2017 - 432 C 3602/14
AG Kassel
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