Auf der Rechnung einer Autowerkstatt befand sich unterhalb der Unterschriftszeile für den Kunden der Hinweis, dass Radmuttern nachgezogen werden müssen. Solch ein Hinweis ist unzureichend. Löst sich ein Rad während der Fahrt, muss die Werkstatt dafür aufkommen.

Der Sachverhalt

Ein Autoservice ist gesetzlich verpflichtet, beim Radwechsel darauf hinzuweisen, dass die Radmuttern nach 50 bis 100 km vom Kunden gegebenenfalls nachgezogen werden müssen. Versäumt die Werkstatt diesen ausdrücklichen Hinweis, hat sie für den Schaden aufzukommen, wenn sich anschließend das Rad während der Fahrt löst. Auch dann, wenn die Montage zuvor allem Anschein nach fehlerfrei ausgeführt wurde.

Nach einem Beitrag der telefonischen Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline, können sich nach Aussage eines vom Gericht herangezogenen Sachverständigen selbst ordnungsgemäß befestigte Radschrauben lösen. Deshalb bestehe ja auch die nebenvertragliche Hinweispflicht auf das erforderliche Nachziehen.

Die Werkstatt behauptet, dies mit der Anmerkung "Radschrauben nach 50 - 100 km nachziehen" auf dem mit der Rechnung übergebenen Abbuchungsauftrag getan zu haben. Dieser Hinweis befand sich allerdings unterhalb der Unterschriftszeile.

Die Entscheidung

[...] Der Hinweis auf der Rechnung genügte nicht. Der Unternehmer genügt seiner Hinweispflicht nur dann, wenn er den Hinweis mündlich erteilt oder den schriftlichen Hinweis dem Kunden so zugänglich macht, dass unter normalen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Da der Kläger hier unmittelbar oberhalb des Hinweises den Abbuchungsauftrag unterschrieben hat, kommt es darauf an, ob die Beklagte annehmen durfte, dass er bei dieser Gelegenheit von dem Hinweis Kenntnis nimmt. Das ist nicht der Fall [...]

[...] Die Beklagte war gemäß §§ 631, 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Kläger auf die Nachziehnotwendigkeit hinzuweisen. Zwischen den Parteien kam ein Werkvertrag zustande, § 631 BGB. Den Werkunternehmer treffen nebenvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten, deren Inhalt und Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, insbesondere nach dem Beratungsbedarf des Bestellers und dem Fachwissen des Unternehmers, von dessen Vorhandensein in erforderlichem Umfang der Besteller ausgehen kann (Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 631 Rn. 14 m. w. N.). Danach hatte die Beklagte den Kläger auf die Notwendigkeit des Nachziehens der Radschrauben nach 50 - 100 km hinzuweisen. [...]

Nach Unterschrift wird meist nicht weiter gelesen

Ein Kunde prüft beim Erhalt einer Rechnung nur, ob die abgerechneten Leistungen korrekt aufgeführt sind und der Betrag stimmt. Unterschreibt er dann die Rechnung, muss er nur alles gelesen haben, worauf sich seine Unterschrift bezieht. Einen Anlass, weiter zu lesen, besteht dagegen laut Gericht grundsätzlich nicht. Das Erfordernis des Schraubennachziehens stelle auch kein Jedermann-Wissen dar. Vielmehr erwartet der durchschnittliche - unbelehrte - Kunde, dass ordnungsgemäß und nach den Herstellerangaben befestigte Räder sich nicht ablösen können.

Hinweis nicht optisch hervorgehoben

Der Hinweis ist des weiteren optisch nicht derart hervorgehoben, dass sie bereits beim Prüfen und Unterschreiben der Rechnung bzw. Abbuchungsermächtigung derart ins Auge springt, dass sie zur Kenntnis genommen werden müsste. Eine farbliche Hervorhebung fehlte hier.

Autofahrer hat nicht auf Geräuschveränderungen reagiert - Mithaftung

Aber auch der Autofahrer hat ein Mitverschulden, denn die allmähliche Lockerung der Radschrauben führt zu einer wahrnehmbaren Veränderung der Geräuschkulisse und vor allem der Fahreigenschaften des Fahrzeuges. Diese Veränderungen im Fahrverhalten seien für einen aufmerksamen Fahrzeugführer ohne weiteres wahrnehmbar. Auf diese Veränderungen hat der Autofahrer aber nicht reagiert, z.b. durch einen Werkstattbesuch.

Themenindex:
Radwechsel, Radmutter, Radschrauben, Reifenwechsel

Gericht:
Landgericht Heidelberg, Urteil vom 27.07.2011 - 1 S 9/10

Vorinstanz:
AG Heidelberg, 27.01.2010 - 29 C 393/09

Quelle: Rechtsindex, Deutsche Anwaltshotline
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