Eine Hartz-IV-Empfängerin lebte in einem sogenannten sozialen Brennpunkt. Aufgrund der problematischen Bevölkerungsstruktur ist sie in ein "besseres" Wohngebiet der Stadt gezogen. Dabei entstehen Mehrkosten für die Wohnung in Höhe von 54 Euro pro Monat. Sie fordert höhere Sozialleistungen.

Der Sachverhalt

Die Klägerin bewohnte bislang ein Wohngebiet, welches landläufig einen sog. sozialen Brennpunkt in der Stadt darstellte. Seit mehreren Jahren kam es dort zu vermehrten Polizeieinsätzen u.a. wegen Ruhestörungen und Sachbeschädigungen. Es wurden (illegale) Drogen sowohl konsumiert als auch an- und verkauft. Den beantragten Wohnungswechsel mit Mehrkosten in Höhe von 54,00 Euro pro Monat lehnte das Jobcenter ab.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Ein angemessenes und menschenwürdiges Wohnen ist in Münster in jedem Stadtteil und jedem Straßenzug gewährleistet, so das Sozialgericht Münster in seinem Urteil. Insoweit können die Bürger der Stadt keine sozialen Gründe anführen, die einen Wohnungsumzug – steuerfinanziert durch das Jobcenter als SGB II-Träger ("Hartz-4-Träger") - erforderlich machen.

Zwar gebe es durchaus auch in Münster Stadtviertel und Straßenzüge, die durch eine erhöhte Kriminalität, eine problematische Bevölkerungsstruktur und bauliche Mängel der Wohnungen gekennzeichnet seien. Es gebe aber - anders als offenbar in anderen Großstädten - keine "No-go-Areas", in denen Wohnen pauschal unzumutbar wäre.

Die Kammer anerkenne durchaus den Wunsch der Klägerin, ihr bisher schwieriges Wohnumfeld zu verlassen. Allerdings halte die Kammer es nicht für sachgerecht, dieses Ansinnen mit Steuermitteln zu finanzieren. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn ein Umzug die Wahrscheinlichkeit einer Integration in den Arbeitsmarkt erhöhe. Dies sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Gericht:
Sozialgericht Münster, Urteil vom 15.11.2018 - S 11 AS 584/16

SG Münster
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