Mit einer erneuten Heirat fällt der Anspruch auf eine Witwenrente weg. Das gilt auch bei einer in den USA geschlossenen Hochzeit. Dadurch, dass die 84-jährige Klägerin der Rentenversicherung ihre Wiederheirat nicht angezeigt hat, hat sie ihre Mitwirkungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt und muss rund 150.000 Euro zurückerstatten.

Der Sachverhalt

Die inzwischen 84 Jahre alte Klägerin aus Berlin bezog nach dem Tode ihres Ehemannes ab 1993 von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beklagte) eine Witwenrente. Im entsprechenden Rentenbescheid hieß es unter anderem: "Die Rente fällt mit Ablauf des Monats der Wiederheirat weg. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns eine Wiederheirat unverzüglich mitzuteilen."

Wiederheirat in den USA

Im Dezember 1998 heiratete sie in Santa Barbara / Kalifornien noch einmal. Diese Eheschließung teilte die Klägerin der Rentenversicherung nicht mit. Im Dezember 2012 erlangte die Rentenversicherung durch Anzeige einer weiblichen dritten Person Kenntnis von dieser Hochzeit. Nach weiteren Ermittlungen stoppte sie zunächst die laufende Rentenzahlung.

In Folge hob die Rentenversicherung die Witwenrente schließlich auch für die Vergangenheit auf. Insgesamt forderte sie für den Zeitraum Januar 1999 bis September 2013 die Erstattung von 148.692,71 Euro zu Unrecht gezahlter Witwenrente.

Klägerin: Die Ehe sei nach kalifornischem Recht unwirksam gewesen

Mit ihrer im Dezember 2014 erhobenen Klage bestritt die inzwischen wieder geschiedene Klägerin, ihre Mitteilungspflichten grob fahrlässig verletzt zu haben. Ihr sei Vertrauensschutz zu gewähren, denn sie habe gar keinen Anlass gehabt, die Beklagte von der Hochzeit zu unterrichten. Sie sei damals nämlich davon ausgegangen, dass die Ehe schon nach kalifornischem Recht unwirksam sei, weil statt zwei Zeugen nur einer bei der Eheschließung dabei gewesen war.

Das Urteil des Sozialgerichts Berlin (Az. S 105 R 6718/14)

Das Sozialgericht Berlin (Urteil, Az. S 105 R 6718/14) hat die Klage zurückgewiesen. Anspruch auf Witwenrente bestehe nur bis zu einer Wiederheirat (§ 46 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung). Für eine Unwirksamkeit der Eheschließung in Santa Barbara gebe es keine Anhaltspunkte. Es liege eine standesamtliche Heiratsurkunde vor. Nach dem kalifornischen Familiengesetz reiche für die Gültigkeit der Ehe außerdem die Anwesenheit nur eines Trauzeugen aus.

Gericht: Keine Unwirksamkeit der Eheschließung

Der Klägerin habe ihre Pflicht zur Mitteilung der Hochzeit aufgrund des Rentenbescheides auch bekannt sein müssen. Die diesbezüglichen Hinweise entsprächen gerade nicht der sprichwörtlichen Bleiwüste, sondern seien in einfacher Sprache verfasst, nicht versteckt und hinreichend klar gegliedert gewesen. Die sich daraus ergebende Mitteilungspflicht habe sie zumindest grob fahrlässig verletzt. Soweit die Klägerin vortrage, von der Unwirksamkeit der Ehe ausgegangen zu sein, hätte sie sich – zumal als juristischer Laie - nicht auf ihre eigene rechtliche Wertung verlassen dürfen.

Gericht: Pflicht zur Mitteilung der Hochzeit ergibt sich aus dem Rentenbescheid

Wenn sie im Übrigen den Eindruck zu erwecken suche, sie sei eine eher unbedarfte Hausfrau gewesen, mache sie sich kleiner als sie tatsächlich sei. Immerhin sei sie im Alter von weit mehr als 60 Jahren in die USA gezogen - ein Schritt, der auf Mut und Selbstvertrauen hinweise. Außerdem habe sie in der mündlichen Verhandlung sehr gepflegt, rüstig und geistig rege gewirkt. Schließlich liege auch kein atypischer Fall vor, der die rückwirkende Aufhebung der Rentenbewilligung möglicherweise ausschließen könnte.

Gericht: Vermögen der Klägerin liegt vor

Die Klägerin gerate durch die Rückforderung der Rente nicht in besondere Bedrängnis, vielmehr verfüge sie über ein Sparvermögen von rund 90.000 Euro und eine Eigentumswohnung.

Gericht:
Sozialgericht Berlin, Urteil vom 11.12.2015 - S 105 R 6718/14

SG Berlin
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