Neben der Verjährung von Ansprüchen, die automatisch nach einer bestimmten Zeitdauer eintritt und dazu führt, dass der Anspruchsgegner einwenden kann, dass der Anspruch nun nicht mehr besteht, gibt es auch die so genannte "Verwirkung".

Verwirkt ist ein Anspruch dann, wenn nach allen Umständen des Einzelfalls der Anspruchsgegner berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass ein bestehender Anspruch - obwohl er noch nicht verjährt ist - vom Anspruchsinhaber nicht mehr geltend gemacht wird. Dadurch soll das Vertrauen des Anspruchsgegners geschützt werden, wenn er tatsächlich Anlass zu der Annahme hatte, dass eine bestimmte Sache sich erledigt hat. Natürlich müssen diese Umstände im Einzelfall tatsächlich zu einem schützenswerten Vertrauen geführt haben. Die Hürden für die Annahme einer Verwirkung sind relativ hoch.

Dennoch hatte das Landgericht Berlin (Kammergericht) die Klage eines Kameramannes auf Unterlassung und Wertersatz aus Urheberrecht abgewiesen. Die betreffenden Filmaufnahmen seien bereits wiederholt gesendet worden. Ohne dass die Rechteinhaber ihre urheberrechtlichen Ansprüche geltend gemacht hätten. Daher seien die Ansprüche verwirkt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 86/12)

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in der Revisionsinstanz nun klar, dass diese Einschätzung fehlerhaft war. Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs gegen die Ausstrahlung komme nicht in Betracht. Der Unterlassungsanspruch betreffe künftige Rechtsverletzungen. Der Verwirkung könnten jedoch nur Ansprüche wegen begangener Rechtsverletzungen unterliegen. Hinsichtlich des Wertersatzes für die unberechtigten Nutzungen der Filmaufnahmen sei eine Berufung auf Verwirkung allerdings möglich.

Insoweit habe die Beklagte mit Blick auf die jahrzehntelange unbeanstandete Nutzung der Aufnahmen darauf vertrauen können, nicht auf Wertersatz in Anspruch genommen zu werden. Jedoch dürfe das Rechtsinstitut der Verwirkung nicht zu einer Verkürzung der dreijährigen Verjährungsfrist führen. Damit seien lediglich diejenigen Ansprüche verwirkt, deren Verjährung durch die Klageerhebung nicht mehr gehemmt werden konnten. Die übrigen Ansprüche auf Unterlassung und Wertersatz wegen Nutzung seien daher weiterhin durchsetzbar. (BGH, Urteil vom 06.02.2014, Aktenzeichen: I ZR 86/12)

Unsere Meinung

Als Anspruchsinhaber sollte man tunlichst nie tatenlos zusehen, wenn die eigenen Rechte verletzt werden. Denn dadurch kann beim Verletzer der Eindruck entstehen, dass man mit der Verletzung einverstanden sei.

Dennoch stellt der BGH jetzt richtigerweise fest, dass ein unverjährter Unterlassungsanspruch immer geltend gemacht werden kann, da er sich in die Zukunft richtet. Die Unterlassung kann immer erst für den Zeitraum nach Abgabe einer Unterlassungserklärung oder nach Rechtskraft eines entsprechenden Urteils Wirkung entfalten. Die Wertersatzansprüche jedoch können dennoch verloren sein, wenn nicht gehandelt wird.

Daher sollte am Besten unverzüglich nach Feststellung von Rechtsverletzungen anwaltlicher Rat eingeholt werden., um zu klären, wie schnell man reagieren muss bzw. ob noch Zeit zum Überlegen bleibt, ob Ansprüche wirklich geltend gemacht werden sollen oder nicht.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


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