Ein Wallach soll sich in einer Pferdepension losgerissen, einen Elektrozaun durchbrochen und eine Stute bestiegen haben. Nach Ergebnis einer Hormonuntersuchung sei aber eher auszuschließen, dass der Wallach aufgrund einer sexuellen Motivation erhebliche Hindernisse überwunden habe.

Vielmehr sei ein erhebliches, eine Haftung der Tierhalterin verdrängendes Verschulden des Tierhüters denkbar, so das Urteil des OLG Hamm. Den entstandenen Schaden kann der Tierhüter des Tieres von der Tierhalterin nicht ersetzt verlangen. Damit hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm insoweit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum bestätigt.

Der Sachverhalt

Die Beklagte war Halterin eines im Jahre 1985 geborenen Wallachs. Das Pferd war in den Stallungen des als Tierhüter beauftragten Klägers, eines Pferdepensionswirtes, untergestellt. Am 28.10.2009 kam es auf der zu den Stallungen gehörende Weide zu einer Verletzung einer seinerzeit 13jährigen Stute des Klägers, die nach seiner Darstellung ein talentiertes Springpferd im Wert von 150.000 € war.

Der Kläger hat behauptet, seine Stute sei durch einen Ausbruch "hengstisch" aggressiven Verhaltens des Wallachs schwer verletzt worden. Der Wallach habe sich losgerissen, einen durch Elektrodraht gesicherten Weidezaun durchbrochen, sei auf die Stute zugelaufen und dann mit den Vorderhufen auf sie gestiegen. Aufgrund dieses Vorfalls hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von 40.000 € verlangt.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm

Sein Schadensersatzverlangen blieb erfolglos. Der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat eine Haftung der beklagten Tierhalterin verneint. Es könne dahinstehen, ob die Stute des Klägers durch den von ihm behaupteten "hengstischen" Ausbruch des Wallachs verletzt worden sei. Selbst wenn man dies unterstelle, müsse sich der Kläger entlasten, weil als Tierhüter des Wallachs beauftragt gewesen sei.

Urteil: Kläger hätte die vom Wallach ausgehenden Gefahren abwenden müssen

Als Tierhüter habe er den Wallach beaufsichtigen und von ihm ausgehende Gefahren abwenden müssen. Deswegen müsse er nachweisen, dass er die Entstehung des Schadens nicht selbst verschuldet habe. Dieser Nachweis sei dem Kläger misslungen. Der von ihm und seiner Ehefrau geschilderte Ablauf des in Frage stehenden Vorfalls sei u.a. nach den Ausführungen des vom Senat gehörten Sachverständigen zweifelhaft. Nach dem Ergebnis einer Hormonuntersuchung sei mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Wallach aufgrund einer sexuellen Motivation erhebliche Hindernisse überwunden habe, um zu der Stute zu gelangen.

Urteil: Sexuelle Motivation des Wallachs sei auszuschließen

Vielmehr sei ein erhebliches, eine Tierhalterhaftung der Beklagten verdrängendes Verschulden des Klägers denkbar. Von einem solchen sei z.B. auszugehen, wenn der Wallach vor dem Vorfall ohne ausreichende Schutzvorkehrungen und trotz erkennbarer Unruhe mit der ihm zuvor nicht vertrauten Stute auf einer Weide zusammengeführt worden sei.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.04.2013 - 24 U 112/12

OLG Hamm
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