Mieterhöhung - Es kann auch Bezug auf den Mietspiegel einer rund 25km entfernten Nachbarstadt genommen werden, wenn für die eigene Stadt kein Mietspiegel vorhanden ist und beide Städte, u.a. im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar sind.

Der Sachverhalt

Der Bundesgerichtshof entschied über eine Mieterhöhungsklage, bei der ein Vermieter seine Erhöhung auf den Mietspiegel einer Nachbarstadt gestützt hat, der von dem örtlichen Mieterverein, dem örtlichen Haus- und Gründeigentümerverein sowie dem Bürgermeisteramt gemeinsam erstellt worden ist. Der beklagte Mieter lehnte die Zustimmung der Mieterhöhung um 76,69 € monatlich ab. Der Vermieter argumentierte, dass sich der Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf um eine mit Backnang vergleichbare Gemeinde handele. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und unter Verwertung des Mietspiegels für Schorndorf stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Mieters zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Die dagegen gerichtete Revision des Mieters hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen ordnungsgemäß nach § 558a BGB begründet hat. Die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf war ausreichend, weil für die Stadt Backnang kein Mietspiegel erstellt worden ist und weil beide Städte, wie der Sachverständige ausgeführt hat, unter anderem im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar sind.

Auch nach Einführung des qualifizierten Mietspiegels (§ 558d BGB) durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001, kann ein einfacher Mietspiegel (§ 558c BGB) alleinige Grundlage der dem Gericht obliegenden Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Zwar kommt dem einfachen Mietspiegel nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene gesetzliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass die im Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Der einfache Mietspiegel stellt aber ein Indiz für diese Annahme dar.

Das gilt auch dann, wenn der einfache Mietspiegel, wie im entschiedenen Fall, nicht von der Gemeinde, sondern gemeinsam von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter erstellt wurde. Ob diese Indizwirkung im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen der Mieter gegen den Erkenntniswert des Mietspiegels erhebt. Trägt er etwa substantiiert vor, den Verfassern habe es an der erforderlichen Sachkunde gefehlt oder sie hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder unzureichendes Datenmaterial verwendet, muss das Gericht dem nachgehen. Bleiben danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels, so ist die Indizwirkung erschüttert. Der Vermieter muss dann anderweit Beweis für seine Behauptung antreten, die von ihm verlangte Miete liege innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Im entschiedenen Fall hat der Mieter jedoch keine Einwendungen erhoben, durch die die Indizwirkung des - einfachen - Mietspiegels für Schorndorf erschüttert worden ist. Das Landgericht hat sich somit zu Recht auf diesen Mietspiegel gestützt und die Ortsüblichkeit der vom Vermieter verlangten Miete festgestellt.

Rechtsgrundlagen:
§ 558a BGB
§ 558c BGB
§ 558d BGB

Vorinstanzen:
AG Backnang - Urteil vom 14. März 2008 - 4 C 581/07
LG Stuttgart - Urteil vom 25. März 2009 - 5 S 123/08

Gericht:
BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 99/09

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Urteil: Ein Mieterhöhungsschreiben, in dem sich der Vermieter auf die ortsübliche Vergleichsmiete bezieht, ist auch dann gültig, wenn ihm keine Kopie des örtlichen Mietspiegels beiliegt. Dies gilt zumindest dann, wenn ein solcher Mietspiegel allgemein zugänglich ist. Urteil lesen

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