Der Betreiber eines Bewertungsportals im Internet ist grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten herauszugeben, auch wenn der Nutzer unwahre Tatsachenbehauptungen veröffentlicht. Es besteht allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Betreiber.

Der Sachverhalt

Ein Arzt entdeckte auf dem Ärzte-Bewertungsportal der Beklagten eine Eintragung, in der verschiedene unwahre Behauptungen über ihn aufgestellt wurden. Einige Monate später wurden weitere, den Arzt betreffende Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlicht.

Unwahre Tatsachenbehauptungen wurden immer wieder eingestellt

Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen jeweils von der Beklagten gelöscht. Einen Monat später erschien (jedenfalls) bis November 2012 erneut eine Bewertung mit den von dem Arzt bereits beanstandeten Inhalten. Der Arzt machte nun einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte geltend, mit der er die hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers verlangte.

Arzt verlangt Anmeldedaten des Portal-Users

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung vom 4. Juli 2012 verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers gemäß §§ 242, 259, 260 BGB bejaht. § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG, wonach ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, schließe den allgemeinen Auskunftsanspruch nicht aus. Mit der vom Oberlandesgericht beschränkt auf den Auskunftsanspruch zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage - im Umfang der Zulassung - weiter.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs(Az. VI ZR 345/13)

Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf Auskunftserteilung abgewiesen. Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.

Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 Abs. 2 TMG dürfen für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer - was hier nicht in Rede stand - eingewilligt hat. Ein Verwenden im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG stellt auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch Rechtsvorschrift kommt außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf Telemedien bezieht. Eine solche Vorschrift hat der Gesetzgeber bisher - bewusst - nicht geschaffen.

Unterlassungsanspruch

Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen kann allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219), den das Oberlandesgericht im Streitfall auch bejaht hat. Darüber hinaus darf der Diensteanbieter nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 Telemediengesetz (TMG) auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.07.2014 - VI ZR 345/13

Vorinstanz:
Landgericht Stuttgart - Urteil vom 11.01.2013 - 11 O 172/12
Oberlandesgericht Stuttgart - Urteil vom 26.06.2013 - 4 U 28/13

BGH, PM Nr. 102/2014
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