Zwischen einer 16-Jährigen und einem 27-Jährigen entfachte sich ein reger Austausch über WhatsApp, bei dem die Schülerin auch Nacktbilder von sich verschickte. Er wollte mehr und es kam zu eindeutigen Anspielungen. Als sie sich weigerte, drohte er ihre Bilder auf Facebook zu veröffentlichen und in der Schule auszuhängen.

Der Sachverhalt

Der 27-Jährige wollte er sie dazu veranlassen, von ihm gewünschte sexuelle Handlungen vorzunehmen. Die Schülerin fühlte sich massiv unter Druck gesetzt und wusste nicht, was sie machen sollte. Der 27-Jährige hielt es aber für möglich, dass sie seinem Druck nachgeben würde.

Schließlich ging die Schülerin zur Polizei und erstattete Anzeige. Bei einer sich anschließenden Durchsuchung händigte der 27-Jährige sein Smartphone den Polizeibeamten aus, auf dem sich noch die fünf von der Schülerin übersandten Nacktaufnahmen befanden.

Der Prozessverlauf

Das Amtsgericht – Schöffengericht – Herford (Az. 3 Ls 100/17) hat den Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld das vorerwähnte Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen.

Nach Auffassung des Landgerichts habe der Angeklagte nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung einer sexuellen Nötigung angesetzt. Mit der gegen das Berufungsurteil eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft diese rechtliche Bewertung des Landgerichts.

Die Entscheidung

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft war erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil, Az. 3 RVs 10/19) hat das angefochtene Berufungsurteil zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Der Angeklagte sei zu Unrecht freigesprochen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe ein Täter die für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle regelmäßig überschritten, wenn er bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht habe.

§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB verwirklicht

Durch seine Drohung, die von der Schülerin an den Angeklagten übersandten "Nacktbilder" bei Facebook zu veröffentlichen bzw. diese auszudrucken und in ihrer Schule aufzuhängen, habe der Angeklagte eine Nötigungshandlung im Sinne von § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB – und damit ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands – verwirklicht.

Schülerin war Minderjährig

Jedenfalls durch diese Nötigungshandlung habe der Angeklagte – was weitere Voraussetzung für die Annahme eines Versuchs sei – die sexuelle Selbstbestimmung als Schutzgut des § 177 StGB der zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Schülerin unmittelbar gefährdet. Nicht erforderlich sei gewesen, dass die Schülerin den Angeklagten zu Hause aufgesucht hätte.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.04.2019 - 3 RVs 10/19

OLG Hamm, PM
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