Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hält die ab dem Jahr 2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zumindest teilweise für verfassungswidrig. Er hat daher das finanzgerichtliche Verfahren in einem heute veröffentlichten Beschluss vom 8. Mai 2009 ausgesetzt und die Frage der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt die vom Kläger – einem Lehrer – geltend gemachten Werbungskosten für sein häusliches Arbeitszimmer unter Hinweis auf die ab 2007 geltende gesetzliche Neuregelung nicht anerkannt, weil hiernach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht mehr abziehbar sind. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Da dies bei einem Lehrer nicht der Fall ist, scheidet nach der Neufassung des Gesetzes der Werbungskostenabzug insgesamt aus, und zwar selbst dann, wenn – wie im Streitfall – für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie die Klausurenkorrektur kein Arbeitsplatz an der Schule zur Verfügung steht. Bis zur Neufassung des Gesetzes konnten Arbeitnehmer, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, immerhin Werbungskosten bis zu einem Betrag von 1.250 EUR absetzen.

Der 1. Senat hält die Neuregelung jedenfalls insoweit für verfassungswidrig, als sie die Berücksichtigung der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ausschließt, obwohl für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Regelung – so der Senat – könne wegen des Wortlautes und des erkennbaren Gesetzeszweckes nicht verfassungskonform ausgelegt werden. Sie verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), das Gebot der Folgerichtigkeit und das objektive Nettoprinzip. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien jedenfalls dann Erwerbsaufwendungen, wenn dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Das nunmehr geltende Abzugsverbot benachteilige die Betroffenen im Vergleich mit Steuerpflichtigen, bei denen der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liege. Auch gegenüber denjenigen, die ein außerhäusliches Arbeitszimmer nutzten, seien sie benachteiligt. Eine Rechtfertigung hierfür ergebe sich weder aus dem Ziel der Haushaltskonsolidierung noch aus der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers. Auch andere Gründe, wie das Bestehen einer besonderen Missbrauchsgefahr oder eine Verwaltungsvereinfachung, könnten das Abzugsverbot nicht rechtfertigen.