Die Frage, ob die Nichtherausgabe kompletter Messreihen einer Geschwindigkeitsmessung die Verteidigung unzulässig beschränkt, ist in der Vergangenheit von diversen Gerichten, teilweise konträr, entscheiden worden. Mittlerweile geht aber die Mehrheit davon aus, dass insoweit Akteneinsichtsrecht besteht.

Zumutbarkeit der Verteidigung

Bis zu einem bestimmten Umkreis wird der Verteidigung zumutbar sein, den Messfilm bzw. das entsprechende Medium in den Räumen der Verwaltungsbehörde einzusehen. Da die Entfernung der Kanzlei des Verteidigers zur weiteren Beteiligten je nach Streckenwahl rund 30 Kilometer beträgt, wäre das wohl zumutbar.

Überprüfung der Messreihe durch den Rechtsanwalt

Auch dem überdurchschnittlich versierten Rechtsanwalt (oder sogar Fachanwalt) wird nicht abzuverlangen sein, dass er einem Sachverständigen gleich ganze Messreihen auswertet. Seine Feststellungen würden im Rahmen der Hauptverhandlung gleichwohl nur Verteidigervorbringen bleiben und das Gericht könnte trotzdem nicht auf eine Beweiserhebung durch Gutachten verzichten.

Kein Anspruch auf allgemein lesbares Format

Beachtlich ist aber, dass eben nur Einsichtsrecht in die allgemeine Messdatei besteht, wobei für das Übertragungsmedium bitte der Verteidiger zu Sorgen hat. In diesem Zusammenhang scheint die Entscheidung des AG Schleiden, (Beschluss vom 23. Oktober 2012 zu 13 OWi 140/12 (b) ) beachtlich, wonach z. B. der Verteidiger keinen Anspruch darauf hat, die Messreihe in einem allgemein lesbaren Format zu erhalten. Einsichtsrecht besteht, daraus tatsächlich Nutzen zu ziehen, ist Sache des Verteidigers.

Datenschutz

Das vereinzelt vorgebrachte Datenschutzargument steht dem nicht entgegen. Der Verteidiger wird bei Einsicht in die gesamte Messreihe zwangsläufig auch die anderen Fahrzeuge sehen, welche die Messung ausgelöst haben. Ob hierbei tatsächlich Erkenntnisse gewonnen werden, deren Missbrauch gegenüber den anderen Fahrzeugführern zu befürchten ist, darf bezweifelt werden.

Akteneinsichtrecht bejaht:
AG Cottbus, Beschluss vom 14.09.2012 - 83 OWi 1122/12 m. w. N.
AG Stuttgart, Beschluss vom 29.12.2011 - 16 OWi 3433/1

Gericht:
Amtsgericht Königs Wusterhausen, Beschluss vom 31.03.2015 - 2.4 OWi 282/14

AG Königs Wusterhausen
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