Im vorliegenden Fall verweigerte ein Soldat den Handschlag gegenüber Soldatinnen. Die Weigerung beruhe auf religiösen Gründen. Außerdem sei es seine Sache, wenn er Frauen nicht die Hand gebe. Der Soldat wurde aus dem Dienstverhältnis entlassen. Zu Recht, stellte das OVG in Rheinland-Pfalz fest.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall war der Kläger Soldat auf Zeit. Das Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst unterrichtete das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr darüber, dass über den Kläger Erkenntnisse mit Bezügen zum Extremis­mus vorlägen.

Zum Islam konvertiert

Er sei zum Islam konvertiert und habe damit einhergehend sein Erschei­nungsbild bezüglich Bartwuchs und Bekleidung sowie sein Verhalten geändert. Es bestehe der Verdacht, dass er sich in einem religiös motivierten Radikalisierungs­prozess befinde.

Bei einer Befragung habe er unter anderem geäußert, wenn er Frauen nicht die Hand gebe, dann sei das seine Sache. Nach Anhörung des Klägers wurde er mit Bescheid vom Mai 2018 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlas­sen. Seine hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Koblenz ab.

Die Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung und lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht habe die Klage gegen den Entlassungsbescheid zu Recht abgewiesen.

Es sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger durch seine auf religiösen Gründen beruhende Weigerung, Frauen die Hand zu geben, gegen die sich aus dem Soldatengesetz (SG) ergebenden Pflichten zum Eintreten für die freiheit­liche demokratische Grundordnung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Ver­halten (vgl. § 8 und § 17 Abs. 2 SG) schuldhaft verstoßen habe.

Ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung

Beide Pflichten seien dem militärischen Kernbereich zuzuordnen, da sie unmittelbar die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr beträfen. Deshalb lägen auch die übrigen Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 SG für die Entlassung des Klägers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit vor, nämlich eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung und des Ansehens der Bundeswehr im Falle seines Verbleibs in seinem Dienstverhältnis.

Dass der Kläger sich aus religiösen Gründen weigere, Frauen die Hand zu geben, werde nicht durch sein Vorbringen in Frage gestellt, er respektiere Frauen, habe mit ihnen problemlos zusammengearbeitet und gebe aus hygienischen Gründen auch anderen Menschen nur in Ausnahmefällen die Hand.

Vielmehr bestätige dies gerade die ausnahmslose Weigerung, Frauen die Hand zu geben. Der Hinweis des Klägers auf mögliche andere Gründe für sein Verhalten gegenüber Frauen sei angesichts seiner konsequenten Hinwendung zum Islam als bloße Schutzbehauptung anzusehen.

Verpflichtung zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten

Die hinter der Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen stehende Einstellung des Klägers widerspreche der grundgesetzlich angeordneten Gleichstellung von Mann und Frau (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und stelle zugleich eine Missachtung der freiheit­lichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 8 SG dar. Auch sei darin ein Ver­stoß gegen die Verpflichtung zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des § 17 Abs. 2 SG zu sehen.

Unabhängig davon, dass keine Vorschrift die Begrüßung per Handschlag gebiete, rechtfertige das Verhalten des Klägers die Annahme, dass er Kameradinnen nicht ausreichend respektiere und dadurch den militärischen Zusam­menhalt sowie die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gefährde.

Insofern habe das Ver­waltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Weigerung, Frauen die Hand zu geben, die Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrags der Streitkräfte und die Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebes beeinträchtige.

Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr

Entsprechendes gelte für die vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellte Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr, denn ein vernünftiger, objektiv wertender Dritter werde darin, dass ein Soldat aus religiösen Gründen Soldatinnen nicht die Hand gebe, ohne Weiteres erhebliche Zweifel haben, ob dieser bereit und in der Lage sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen und dabei insbesondere auch für Soldatinnen einzustehen.

Die Entlassung des Klägers beruhe demnach auf einer Verletzung militärischer Dienst­pflichten und nicht – wie vom Kläger geltend gemacht – auf einer "Vorverurteilung von Personen muslimischen Glaubens" und deren bloßer Religionsausübung.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8.10.2019 - 10 A 11109/19.OVG

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