Für Studenten sind Mobilität und Flexibilität von wesentlicher Bedeutung. Deshalb kann ein formularvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss von 3 Jahren mit Studenten und Auszubildenden unwirksam sein.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Sachverhalt mieteten die Eltern für ihre Tochter eine Wohnung, damit ihre Tochter eine 2-jährige Ausbildung absolvieren kann. Der Mietvertrag sah vor, dass eine Kündigung frühestens nach drei Jahren erfolgen könne. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der formularvertraglich vereinbarte Kündigungsausschluss unwirksam ist.

Die Entscheidung

Die Entscheidung wurde vom Landgericht Kiel bestätigt. Bei der Frage, ob ein formularmäßiger Kündigungsverzicht gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist, weil er den Mieter den Umständen nach entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist eine Interessenabwägung der Mietvertragsparteien vorzunehmen (vgl. BGH NJW 2009, 3506 f.). Das Amtsgericht hat die vom Bundesgerichtshof (BGH) für das Mietverhältnis eines Studenten dargelegten Grundsätze verallgemeinert und auf den hiesigen Fall übertragen.

Mobilität und Flexibilität bei Studenten, Auszubildenen und Schülern

In dieser Entscheidung hat der BGH die für Studenten wesentliche Bedeutung von Mobilität und Flexibilität hervorgehoben. Dies steht im Einklang mit der Gesetzesbegründung des Mietrechtsreformgesetzes vom 19.06.2001 (BT- Drucks. 14/4553 S. 38). Der BGH hat in der genannten Entscheidung hervorgehoben, dass das Flexibilitätskriterium nicht lediglich bei Studenten, sondern allgemein bei Schülern und Auszubildenden zu berücksichtigen sei. Der BGH hat insoweit Parallelen zu Entscheidungen bezüglich eines formularmäßigen Kündigungsausschlusses bei Ausbildungsverträgen gezogen (z.B. BGH NJW 1993, 326 ff.).

Lange Kündigungsfristen sind für Mieter eher hinderlich

Die ursprünglich zum Schutz des Mieters eingeführten Kündigungsfristen haben sich in der Praxis häufig in ihr Gegenteil verkehrt. Nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter hat bei langdauernden Mietverhältnissen Kündigungsfristen von bis zu einem Jahr einzuhalten. Dies erweist sich in der heutigen modernen Gesellschaft, die zunehmend Mobilität und Flexibilität verlangt, für den Mieter als hinderlich. Wegen der langen Kündigungsfristen kann für ihn zum Beispiel der kurzfristig aus Alters- oder Krankheitsgründen erforderlich werdende Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim oder ein unvorhergesehener Arbeitsplatzwechsel derzeit große, keineswegs nur finanzielle Probleme aufwerfen.

Die Eltern sind Vertragspartner

Unerheblich ist, dass die Eltern und nicht die Tochter Vertragspartner geworden sind. Der Mietvertrag ist für die Tochter zum Zwecke der Berufsausbildung abgeschlossen worden. Dies war dem Kläger auch bekannt. Die Interessenlage der Beklagten ist daher mit derjenigen ihrer Tochter identisch. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es durchaus nicht unüblich ist, dass Eltern für ihre Kinder, die eine Berufsausbildung aufnehmen, eine Wohnung anmieten. Danach zu differenzieren, ob der Auszubildende selbst oder aber die Eltern des Auszubildenden für diesen die Wohnung anmieten, wäre nicht sachgerecht, da die Interessenlage in beiden Fällen dieselbe ist.

Rechtsgrundlagen:
§ 130 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 542 BGB

Gericht:
Landgericht Kiel, Beschluss vom 22.12.2010 - 1 S 210/10

Rechtsindex, LG Kiel