Einem Hartz-IV-Empfänger, der von Bayern nach Berlin in eine teurere Mietwohnung zieht, die für Berliner Verhältnisse jedoch angemessen ist, müssen die höheren Unterkunftskosten voll erstattet werden.
Der Sachverhalt
Ein Hartz-IV Empfänger zog von Bayern nach Berlin in eine für Berlin angemessene Wohnung, für die er einen Mietzins von 300 Euro warm bezahlen musste. Das zuständige Jobcenter in Berlin gewährte ihm unter Berufung auf § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der in Bayern gezahlten Miete von rund 193 Euro warm, weil der Umzug des Mannes weder zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, noch aus sozialen Gründen erforderlich gewesen sei. Der Mann zog vor Gericht.
Die Entscheidung
Die Ansicht des Sozialgerichts Berlin, es seien nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem Umfang zu übernehmen, wie sie in angemessenem Umfang am bisherigen Wohnort gewährt worden seien, teilte das Bundessozialgericht nicht. Es hob das Urteil des Landessozialgerichts auf und verurteile das Jobcenter, die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung in Berlin zu übernehmen.
Aus den Entscheidungsgründen
§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet bei Umzügen, die über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R) hinausgehen, keine Anwendung. Dies entspricht insbesondere der systematischen Stellung der Vorschrift, denn die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsprüfung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird ebenfalls im Vergleichsraum, also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Zudem besteht auch die Obliegenheit zur Kostensenkung bei unangemessen hohen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nur innerhalb dieses Vergleichsraums. Schließlich ist die Reduktion des Anwendungsbereichs verfassungsrechtlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit der durch Art 11 des Grundgesetzes gewährleisteten Freizügigkeit geboten.
Gericht:
Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 60/09 R
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