Der Sachverhalt
Die Beklagte schloss einer Schönheitsklinik in München eine Wahlleistungsvereinbarung über eine Magenballonbehandlung und vereinbarte einen Operationstermin zur Einsetzung des Ballons für den 31.07.2015. Am 29.07.2015 sagte die Münchnerin den Behandlungstermin zunächst telefonisch und dann schriftlich ab.
Die Schönheitsklinik stellte Ihr eine Rechnung über 60 Prozent der Behandlungsgebühren, insgesamt 1494 Euro. Die Klinik verwies auf die Allgemeinen Geschäftbedingungen, die u.a. folgende Klauseln enthielt:
Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro brutto.
Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr.
Die Beklagte zahlte nicht. Daraufhin erhob die Abrechnungsfirma der Schönheitsklinik Klage zum Amtsgericht München.
Das Urteil des Amtsgerichts München
Die Klage blieb vor dem Amtsgericht München (Urteil, Az. 213 C 27099/15) ohne Erfolg. Die von der Klinik geforderte Stornogebühr übersteige den normalerweise zu erwartenden Schaden und sei unangemessen hoch. Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100 Prozent des Bruttobetrags vergüten sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro zahlen. Der Patient muss demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte.
Gericht: Schaden sei völlig realitätsfern
Ein derart hoher Schaden ist völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt so das Gericht. Die Regelung berücksichtige außerdem nicht, dass die Klinik bei Absage eines Operationstermins sich Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien. Die Klausel benachteilige den Patienten unangemessen, so das Gericht.
Gericht: Schützenswertes Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit
Da die Inanspruchnahme einer Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient voraussetzt, ist allgemein anerkannt, dass Letzterer den Behandlungsvertrag jederzeit gemäß §§ 621 Nr. 5, 627 BGB fristlos kündigen kann, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen so das Gericht weiter unter Angabe eines Urteils des Bundesgerichtshofes. Der Patient müsse jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers muss gegenüber dem schützenswerteren Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten, so die Urteilsgründe.
Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 28.01.2016 - 213 C 27099/15
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