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Deko fällt aus Fenster und Passant auf den Kopf: Wer haftet?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Nicht alles Gute kommt von oben. Wer an einem Haus vorbeiläuft, sollte vielmehr aufpassen, dass er nicht unbeabsichtigt Zielscheibe der Anwohner wird, die sich über ihre Wohnungsfenster diverser Gegenstände, wie z. B. des dreckigen Putzwassers, Dekorationsgegenständen oder – wie es die Werbung eines bekannten schwedischen Möbelhauses nahelegt – ausgedienter Weihnachtsbäume, entledigen. Jeder Leser, für den diese Warnung zu spät kommt, stellt sich verständlicherweise die Frage, ob er wenigstens vom Schütt- und Wurfspezialisten Schadenersatz bzw. Schmerzensgeld verlangen darf.

Holzfigur als Wurfgeschoss?

Eine Frau lief gerade an einem Haus vorbei, als sie am Kopf von einer ca. 1 kg schweren Holzfigur getroffen wurde, die aus einem Fenster im dritten Stock des Gebäudes gefallen war. Sie erlitt eine Platzwunde, die im Krankenhaus mit mehreren Stichen genäht werden musste. Auch noch Wochen nach dem Vorfall klagte die Frau unter anderem über Geschmacks- und Sehstörungen sowie einen Lagerungsschwindel, also Schwindelgefühle. Auch ihr behandelnder Arzt bestätigte, dass diese Beeinträchtigungen Folgen der Holzfigur-Affäre seien.

Als die Geschädigte Schadenersatz wegen Verdienstausfalls und Schmerzensgeld in Höhe von 17.000 Euro verlangte, zahlte die Haftpflichtversicherung des Holzfigur-Eigentümers lediglich 1000 Euro. Mehr könne die Passantin nicht fordern. Schließlich habe der Anwohner den Dekorationsgegenstand nicht aus dem Fenster geworfen. Vielmehr habe ein starker Wind das betreffende Fenster zugeweht; hierbei sei die Figur hinuntergestoßen worden. Der Eigentümer des Deko-Objekts könne für den Vorfall somit nichts. Daraufhin zog die Frau vor Gericht.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Das Oberlandesgericht (OLG) München sprach der verletzten Fußgängerin lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 3000 Euro zu, vgl. §§ 823 I, 253 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Weil die gegnerische Haftpflichtversicherung aber bereits 1000 Euro an die Frau gezahlt hatte, konnte sie nur noch 2000 Euro verlangen.

Unstreitig war die Fußgängerin durch die Holzfigur am Kopf verletzt worden. Auch wenn der Eigentümer den Gegenstand nicht absichtlich aus dem Fenster geworfen hat, war er für den tiefen Fall der Figur verantwortlich. Er hat nämlich fahrlässig gehandelt, also sehr sorglos, als er die Figur ungesichert an einem offenen Fenster hat stehen lassen.

Aus Gründen der Genugtuung sowie des Ausgleichs für erlittene Schmerzen und Leiden durfte die Frau daher Schmerzensgeld verlangen. Hier orientierte sich das Gericht an verfügbaren Schmerzensgeldtabellen. Dabei berücksichtigte es, dass sich die Frau am Kopf verletzt hatte und die Wunde sogar genäht werden musste. Ferner litt sie auch noch Wochen nach dem Unglück insbesondere unter Schwindelgefühlen. Dass die auf den Figurenfall zurückzuführen war, konnte der behandelnde Arzt bestätigen. Daher hielten die Richter ein Schmerzensgeld von insgesamt 3000 Euro für angemessen.

Einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Verdienstausfalls wiesen sie dagegen zurück. So hatte die leidgeplagte Frau den Ausfall eines möglichen Verdienstes wegen Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Holzfigurenbewurfs nicht nachweisen können.

Fazit: Wer Gegenstände ungesichert in der Nähe eines offenen Fensters liegenlässt, muss damit rechnen, dass sie herunterfallen und die darunter befindlichen Passanten verletzen. Kommt es tatsächlich zu einem solchen Unfall, macht sich der Eigentümer der herabgestürzten Sache in der Regel schmerzensgeld- und eventuell auch schadenersatzpflichtig.

(OLG München, Endurteil v. 06.04.2016, Az.: 20 U 4602/15)

(VOI)

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