Ein Soldat der Bundeswehr beschwert sich über die Vorschrift, wonach männliche Soldaten die Haare kurz geschnitten tragen müssen. Als Gothic-Anhänger möchte er die Haare lang tragen. Dieselbe Vorschrift gestatte es Soldatinnen, die Haare lang und am Hinterkopf zusammengebunden zu tragen.

Der Sachverhalt

Er hält deshalb die Regelung in Nr. 202 der ZDv A-2630/1 für diskriminierend. Diese besagt: "Die Haare von Soldaten müssen kurz geschnitten sein. Ohren und Augen dürfen nicht bedeckt sein. Das Haar ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden." Das Bundesministerium der Verteidigung hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-2630/1 "Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr" eine ausreichende gesetzliche Grundlage fehlt.

Weiter hat der BVerwG in seinem Beschluss (1 WB 28.17) entschieden, dass für eine Übergangszeit diese Dienstvorschrift, die allgemein als "Haar- und Barterlass" bekannt ist, aber auch zum Beispiel Regelungen zu Tätowierungen und Piercings trifft, bis zu einer entsprechenden Neuregelung weiterhin anzuwenden ist.

Den Antrag des Soldaten auf Aufhebung der Dienstvorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis zurückgewiesen.

Begründung

Wie bereits in einer früheren Entscheidung dargelegt, schließt es das Gleichberechtigungsgebot nicht aus, für Soldatinnen und Soldaten unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Dienstkleidung und Haartracht bei der Dienstausübung vorzusehen (BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 WRB 2.12, 1 WRB 3.12 - BVerwGE 149, 1).

Allerdings bedürfen Regelungen, die in die Freiheit des Einzelnen, seine äußere Erscheinung individuell zu gestalten, eingreifen, einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Dies folgt aus der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch den Soldaten davor schützt, ohne gesetzliche Grundlage durch dienstliche Weisung Einschränkungen seines persönlichen Erscheinungsbildes hinnehmen zu müssen, die sich auch auf sein Aussehen außerhalb des Dienstes auswirken.

Eine solche ausreichende gesetzliche Grundlage enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 SG nicht. Die Norm ermächtigt jedenfalls in der seit 2017 geltenden Fassung nur zu Bestimmungen über die Uniform und die Kleidungsstücke, die mit der Uniform getragen werden.

Um ein einheitliches Auftreten der Bundeswehr im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, sind die Dienstvorschriften bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig weiter anzuwenden. Der Gesetzgeber muss dann auch beurteilen, ob eine unterschiedliche Regelung der Haartracht von Männern und Frauen in der Bundeswehr künftig weiterhin geboten ist.

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss 31.01.2019 - 1 WB 28.17

BVerwG, PM 10/2019
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