Eine Türkin aus Baden Württemberg beantragte einen Führerschein und reichte ein Foto mit einem Kopftuch ein. Sie erhielt ein Schreiben von der Behörde, dass sie bei Ihrer Vorsprache einen Ausweis und eine Bestätigung einer Moschee über das Tragen eines Kopftuches mitbringen solle (Kopftuchbescheinigung).

Der Fall hat seit einigen Tagen eine erhebliche Debatte ausgelöst. Immer lauter wurden die Vorwürfe der Diskriminierung und der Islamophobie. Zu den Vorwürfen hat auch die Pforzheimer Behörde Stellung genommen:

Die Vorwürfe der Diskriminierung und der Islamophobie weisen wir als Stadt Pforzheim entschieden zurück. Wir sind angesichts unseres seit Jahrzehnten angewandten Verfahrens auf Grundlage bundesweit geltender Regelungen und Gesetze verwundert über das Ausmaß der entstandenen Diskussion. Beim Führerscheinantrag ist u. a. ein Passbild abzugeben, das nach den Vorgaben der Fahrerlaubnisverordnung (§ 21 Abs. 3) den Bestimmung des Passrechtes entsprechen muss. § 5 der Passverordnung regelt, dass ein aktuelles Passbild einer bestimmten Größe vorzulegen ist, das die Person in einer Frontalaufnahme ohne Kopfbedeckung und ohne Bedeckung der Augen zeigen muss. Hintergrund dieser Regelung ist, dass eine einwandfreie Feststellung der Identität möglich sein soll.

Bei Angehörigen von Religionsgemeinschaften und geistlichen Orden, die nach ihren Regeln gehalten sind, in der Öffentlichkeit nicht ohne Kopfbedeckung zu erscheinen, dürfen auch Passbilder verwendet werden, die die Person mit Kopfbedeckung zeigen. Um die Zugehörigkeit zu einer solchen Religionsgemeinschaft oder eines solchen Ordens zu dokumentieren, benötigen wir eine kurze Bescheinigung der Religionsgemeinschaft/des Ordens, aus der dies hervorgeht. Weshalb das Tragen einer Kopfbedeckung bei einzelnen Religionsgemeinschaften geboten ist, muss dabei nicht dargelegt werden.

Diese Vorgaben betreffen also nicht speziell Angehörige des islamischen Glaubens, sondern allgemein Angehörige von Religionsgemeinschaften, deren Regeln das Tragen von Kopfbedeckungen in der Öffentlichkeit gebieten, z. B. auch Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und des Diakonischen Werkes. Auch handelt es sich hierbei nicht um eine Pforzheimer Regelung oder Handhabung. Vielmehr ist dies in bundesweit geltenden Gesetzen sowie dazugehörigen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften festgelegt.

Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat bereits 2016 in einem ähnlich gelagerten Fall Stellung dazu genommen. Diese konnte in dem damaligen Fall keinen Verstoß gegen die Vorgaben für biometrische Passbilder des Bundesinnenministeriums feststellen. Das Gesicht der Frau war auf dem Foto deutlich zu erkennen, das Kopftuch verdeckte keine relevanten Partien ihres Gesichts.

Zum Thema Kopftuch und Lichtbilder gibt es bereits Urteile, nach denen das Tragen eines Kopftuches auf einem Passfoto als zulässig erklärt wurde (Verwaltungsgericht Kassel: Az. 3 G 1916/03 vom 04.02.2004).

Rechtsgrundlagen

Mit den Rechtsgrundlagen hat sich Blogger und Rechtsanwalt Murat Kayman beschäftigt. Er verweist auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes (Passverwaltungsvorschrift - PassVwV). Unter § 6 Absatz 1 / 6.2.1.1.4 heißt es dort:

"Für Angehörige von Religionsgemeinschaften und geistlichen Orden, die nach ihren Regeln gehalten sind, in der Öffentlichkeit nicht ohne Kopfbedeckung zu erscheinen, dürfen Lichtbilder verwendet werden, die die antragstellende Person mit der vorgeschriebenen Kopfbedeckung zeigen.

Die antragstellende Person hat die Zugehörigkeit zu einer solchen Religionsgemeinschaft glaubhaft zu machen. Dies kann z. B. durch die Bestätigung der jeweiligen Religionsgemeinschaft über die Zugehörigkeit der antragstellenden Person erfolgen. Ggf. ist das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft, eine Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit zu tragen, nachvollziehbar darzulegen (vgl. BVerfG, 24. September 2003, 2 BvR 1436/02).

Eine Darlegung ist nicht erforderlich, wenn dieses Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft bereits bundesweit als Ausnahmetatbestand im Sinne des § 5 Satz 4 PassV anerkannt ist, was beispielsweise bei der Kopfbedeckung von Frauen der Fall ist, die dem islamischen Glauben angehören. Gleiches gilt für verheiratete, verwitwete und geschiedene jüdische Frauen sowie allgemein für jüdische Männer."

Verordnung zur Durchführung des Passgesetzes (PassV)

In der Verordnung zur Durchführung des Passgesetzes (PassV) heißt es unter § 5 Lichtbild: Bei der Beantragung eines Passes ist vom Passbewerber ein aktuelles Lichtbild in der Größe von 45 Millimeter x 35 Millimeter im Hochformat und ohne Rand vorzulegen. Das Lichtbild muss die Person in einer Frontalaufnahme, ohne Kopfbedeckung und ohne Bedeckung der Augen zeigen.

Im Übrigen muss das Lichtbild den Anforderungen der Anlage 8 entsprechen. Die Passbehörde kann vom Gebot der fehlenden Kopfbedeckung insbesondere aus religiösen Gründen, von den übrigen Anforderungen aus medizinischen Gründen, die nicht nur vorübergehender Art sind, Ausnahmen zulassen. Weitere zulässige Abweichungen bei Lichtbildern von Kindern regelt Anlage 8.

Anlage 8 des PassV

In Anlage 8 des PassV findet man ein Beispielfoto, auf dem eine kopftuchtragende Frau dargestellt ist. Im Erläuterungstext wird beschrieben, dass Kopfbedeckungen grundsätzlich nicht erlaubt seien. Ausnahmen seien insbesondere aus religiösen Gründen zulässig. In diesem Fall gelte: das Gesicht muss von der unteren Kinnkante bis zur Stirn erkennbar sein. Es dürfen keine Schatten auf dem Gesicht entstehen.

Warum wird eine Kopftuchbescheinigung gefordert?

Manche Beamte lesen die Vorschriften vielleicht nicht vollständig. Manche lesen nur die Regel, aber nicht die Ausnahme. Manche sind vielleicht auch nicht so rechtskundig und glauben, in dieser Frage ein Ermessen zu haben, weil es sich dem Wortlaut nach um zulässige aber nicht zwingende Ausnahmen handelt, so Murat Kayman in seinem Beitrag. Aber selbst in solchen Fällen gibt es die Möglichkeit, auf diverse verwaltungsgerichtliche Urteile zu verweisen, die der geschilderten Rechtslage zu Grunde liegen und auch ausdrücklich klarstellen.

Ein Beitrag von Rechtsindex - Recht & Urteile