Mit Urteil hat das Niedersächsische OVG entschieden, dass bienengefährliche Pflanzenschutzmittel u.a. auf Kartoffeln bereits dann nicht mehr angewandt werden dürfen, wenn damit zu rechnen ist, dass Bienen innerhalb des Wirkungszeitraums des Mittels zwecks Nahrungssuche die behandelten Pflanzen anfliegen.

Der Sachverhalt

Der Kläger hat im Landkreis Celle einen landwirtschaftlichen Betrieb und baut Kartoffeln an. Für das Jahr 2006 erhielt er eine produktionsbezogene Beihilfe für den Anbau von Stärkekartoffeln sowie eine allgemeine Betriebsprämie. Beide Beihilfen sind daran gebunden, dass der Landwirt allgemeine Anforderungen beachtet.

Hierzu zählt auch die sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Diese Anforderungen ergeben sich u. a. aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Bienenschutzverordnung. Vorliegend streiten sich die Beteiligten darüber, ob der Kläger im Juli 2006 gegen diese Norm verstoßen hat.

Bienen seien massenhaft verendet

Die Beklagte, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, sieht einen solchen Verstoß darin begründet, dass der Kläger Ende Juli 2006 seine Kartoffelpflanzen mit einem bienengefährlichen Pflanzenschutzmittel behandelt hat. Dies habe er unterlassen müssen. Denn seine Kartoffelpflanzen seien damals stark mit Blattläusen befallen gewesen, so dass sich Honigtau gebildet und Bienen angelockt habe. Tatsächlich hätten deshalb Bienen die Felder des Klägers beflogen und seien massenhaft verendet. Wegen des von ihr bejahten, als fahrlässig eingestuften Verstoßes hat die Beklagte die dem Kläger gewährten Beihilfen jeweils um 5 % gekürzt und den überzahlten Betrag zurückgefordert.

Landwirt sieht keinen Verstoß gegen die Bienenschutzverordnung

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Begründung, nicht gegen die Bienenschutzverordnung verstoßen zu haben. Danach sei es nur verboten, bienen­gefährliche Pflanzenschutzmittel anzuwenden, wenn die Pflanzen im Anwendungs­zeitpunkt tatsächlich von Bienen angeflogen würden. Dies sei vorliegend jedoch Ende Juli 2006 nicht der Fall, zumindest für ihn trotz Kontrollen nicht zu erkennen gewesen. Das Verwaltungs­gericht ist diesem Verständnis der Bienenschutzverordnung gefolgt und hat den Klagen in beiden Verfahren stattgeben. Die Beklagte hat jeweils Berufung eingelegt.

Die Entscheidung

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat sich nunmehr der Ansicht der Beklagten angeschlossen, die Urteile des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen gegen die Kürzung abgewiesen. Das von der Beklagten vertretene Begriffsverständnis ist danach vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Bienenschutzverordnung gedeckt und entspricht allein dem Sinn und Zweck der Norm.

Zudem ist die Verordnung gerade deshalb erweitert worden, um auch Pflanzen mit Honigtaubildung als Nahrungsquelle für Bienen besonders zu schützen. Andernfalls wäre der gewollte Bienenschutz unvollkommen. Dem Landwirt bleibt die Möglichkeit, seine Pflanzen frühzeitig, also vor einer Honigtaubildung, zu behandeln oder danach mit einem weniger bienengefährlichen Mittel; notfalls muss er eine Ausnahmegenehmigung beantragen und rechtzeitig vor der Behandlung alle Imker im Umkreis benachrichtigen.

Da nach den Feststellungen des Senats die Kartoffelpflanzen des Klägers Ende Juli 2006 tatsächlich stark mit Blattläusen befallen waren und sich Honigtau gebildet hatte, kamen seine Pflanzen als Nahrungsquelle für die im näheren Umkreis von bis zu zwei Kilometern befindlichen Bienen mehrerer Imker in Betracht. Der Kläger hätte deshalb nicht mehr mit dem bienengefährlichen Mittel Tamaron spritzen dürfen. Er hat insoweit auch fahrlässig gehandelt.

Denn auf ein solches Verbot waren die Kartoffelanbauer in Niedersachsen im Juli 2006 mehrfach hingewiesen worden. Daher war die auch nachträgliche Kürzung der Prämien um 5 % nicht zu beanstanden. Ob Bienen tatsächlich infolge des Einsatzes von Tamaron durch den Kläger verendet sind, musste der Senat nicht klären. Der Senat hat die Revision gegen seine Urteile nicht zugelassen.

Gericht:
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 21.08.2013 - 10 LC 113/11 und 10 LC 131/11

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