Nach dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot sind Behörden an das geltende Recht gebunden, so das Urteil des BVerwG. Geplante Rechtsänderungen müssen deshalb nicht schon im Entwurfsstadium berücksichtigt werden. In der Sache ging es um die Vermittlung von Sportwetten.

Der Sachverhalt

Die Kläger vermittelten in Worms und in Mainz Sportwetten an private Wettanbieter im EU-Ausland. Weder diese noch die Kläger verfügten über eine im Inland gültige Erlaubnis. Die Städte untersagten die unerlaubte Vermittlung im Jahr 2007 mit der Begründung, eine Erlaubnis könne wegen des damals im Lotteriestaatsvertrag und seit 2008 im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Sportwettenmonopols nicht erteilt werden.

Entscheidungsgründe der Vorinstanz: Nichtberücksichtigung der geplanten Änderung des Glücksspielrechts

Die Klagen der Vermittler hatten vor dem Verwaltungsgericht Mainz und dem Oberverwaltungsgericht Koblenz Erfolg. Die Revisionen des beklagten Landes wurden zugelassen, soweit der Rechtsstreit die Zeit seit Oktober 2010 betraf. In dieser Zeit hatte das Land vorsorglich ein Erlaubnisverfahren für private Wettanbieter eröffnet, weil infolge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols aufgekommen waren. Der neue Glücksspielstaatsvertrag, der anstelle des Sportwettenmonopols ein Konzessionssystem vorsieht, ist in Rheinland-Pfalz zum 1. Juli 2012 in Kraft getreten.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteile des Oberverwaltungsgerichts bezüglich der Zeit von Oktober 2010 bis Juni 2012 aufgehoben und die Sachen an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Dieses war bei seinen Entscheidungen im Mai 2012 davon ausgegangen, die Verbote seien jedenfalls rechtswidrig, weil die Behörden die geplante Änderung des Glücksspielrechts zum 1. Juli 2012 nicht berücksichtigt hatten.

BVerwG: Geplante Rechtsänderungen müssen nicht schon im Entwurfsstadium berücksichtigt werden

Dem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt. Nach dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot sind die Behörden an das geltende Recht gebunden. Geplante Rechtsänderungen müssen sie nicht schon im Entwurfsstadium berücksichtigen. Das gilt insbesondere, wenn eine neue Regelung noch nicht vom Parlament beschlossen wurde und deshalb noch nicht absehbar ist, ob, wann und mit welchem Inhalt sie in Kraft treten wird.

Bis Ende Juni 2012 stand nicht fest, ob der neue Glücksspielstaatsvertrag von der erforderlichen Mindestzahl an Bundesländern ratifiziert und zum 1. Juli 2012 wirksam werden würde. Zur Umsetzung in Rheinland-Pfalz lag im Frühjahr 2012 nur ein Gesetzentwurf vor, den der Landtag noch nicht beschlossen hatte.

Da eine monopolunabhängige Begründung der Verbotsverfügungen nicht rechtmäßig nachgeschoben wurde, kommt es nun darauf an, ob sie im streitigen Zeitraum auf das Sportwettenmonopol gestützt werden konnten. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht - aus seiner Sicht konsequent - keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte deshalb nicht abschließend entscheiden, sondern musste die Sachen zurückverweisen.

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.05.2013 - BVerwG 8 C 46.12; BVerwG 8 C 47.12; BVerwG 8 C 48.12

BVerwG, Nr. 37/2013
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