Mit Urteil hat das VG Gießen die Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung eines ehemaligen Seniorenheims in einen bordellartigen Betrieb abgelehnt. Der Betrieb war illegal bis zu einer Nutzungsuntersagung im Februar 2012 betrieben worden.

Der Sachverhalt zum Urteil

Auf dem Grundstück befand sich früher ein Seniorenheim. Die Klägerin, Ehefrau des Grundstückseigentümers, beantragte im November 2010 beim Beklagten (Wetteraukreis als Baugenehmigungsbehörde) die Erteilung der Genehmigung für eine Nutzungsänderung von einem Altenheim in eine "Freizeit- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen".

Der Kreis lehnte den Bauantrag mit der Begründung ab, dass die geänderte Nutzung bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin Mitte 2011 Klage. Die Klage blieb ohne Erfolg.

Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen

In der Urteilsbegründung heißt es, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung des Anwesens in einen bordellartigen Betrieb zu. Das Anwesen liege nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, so dass es planungsrechtlich darauf ankomme, ob sich die Nutzungsänderung in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge.

Diese hat das Gericht im Einzelnen bei einem vor drei Wochen durchgeführten Ortstermin ermittelt und stellt nun in seinem Urteil fest, dass im rechtlich maßgeblichen Bereich eine nahezu ausschließliche Prägung durch Ein- oder Mehrfamilienhäuser vorhanden sei. Der Bereich entspreche einem reinen Wohngebiet, in dem nur Wohngebäude zulässig seien.

Weiter heißt es dann: "Der von der Klägerin beantragte bordellartige Betrieb fügt sich nach seiner Nutzung nicht in ein reines Wohngebiet ein und ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig." Das Gericht führt dann weiter aus, dass ein solcher Betrieb aber wegen der negativen "milieubedingten" Auswirkungen derartiger Einrichtungen auch in einem allgemeinen Wohngebiet oder einem Mischgebiet unzulässig wäre.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Gericht hat den Streitwert mit 100.000.- € bemessen, orientiert "am untersten Rand eines durch den angestrebten Betrieb zu erwirtschaftenden Gewinns", wie es in der Begründung heißt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe Antrag auf Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel stellen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 12.03.2013 - 1 K 2026/11.GI

VG Gießen
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