Ein Fahrlehrer, der Fahrschülerinnen verbal und körperlich sexuell belästigt, begeht eine gröbliche Verletzung seiner Berufspflichten, die zum Widerruf der Fahrlehrererlaubnis berechtigt. Dies hat das VG Stuttgart mit Urteil entschieden.

Der Sachverhalt

Ein 63-jähriger Fahrlehrer wurde im April 2007 vom Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt wegen sexueller Nötigung sowie Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt, weil er zwei Fahrschülerinnen sexuell belästigt hatte. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen hatte er die Fahrschülerinnen während der Fahrstunde u.a. an die Brust gefasst und ihre Hand auf sein Geschlechtsteil gelegt bzw. sie am Genitalbereich mit seiner Hand gestreichelt.

Anfang April 2010 widerrief die Stadt Stuttgart die Fahrlehrererlaubnis des Fahrlehrers unter Anordnung der sofortigen Vollziehung. Ein hiergegen vom klagenden Fahrlehrer beim Verwaltungsgericht Stuttgart angestrengtes Eilverfahren blieb erfolglos. Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim schlossen der Kläger und die Stadt Stuttgart einen Vergleich, wonach dem Kläger bis zur Rechtkraft der Widerrufsentscheidung untersagt war, weiblichen Fahrschülern praktischen Fahrunterricht zu erteilen. Im Oktober 2010 verurteilte das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt den Kläger erneut wegen (sexueller) Beleidigung einer Fahrschülerin (Tatzeit: August 2009), diesmal zu einer nicht auf Bewährung ausgesetzten Freiheitstrafe von 6 Monaten.

Die Entscheidung

Nach Auffassung der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts rechtfertigen die strafgerichtlich festgestellten sexuellen Übergriffe auf die Fahrschülerinnen die Annahme, dass der Kläger die für die Tätigkeit als Fahrschullehrer notwendige Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt.

Mit den sexuellen Übergriffen auf die Fahrschülerinnen habe er seine Berufspflicht zur gewissenhaften Ausbildung seiner Fahrschüler gröblich verletzt. Er habe die mit seiner Ausbildungsfunktion verbundene Autorität dahingehend ausgenutzt, dass er an Fahrschülerinnen während des Unterrichts sexuelle Handlungen vorgenommen habe und sich damit auch als charakterlich ungeeignet zur Ausübung des Fahrlehrerberufes erwiesen habe. Eine „Beschränkung“ des Widerrufs nur auf den praktischen Unterricht von Fahrschülerinnen komme nicht in Betracht.

Die Zuverlässigkeit lässt sich nicht teilen

Die "Zuverlässigkeit" eines Fahrlehrers lasse sich nicht in dem Sinne teilen, dass er nur im Hinblick auf die praktische Unterrichtung weiblicher Fahrschüler unzuverlässig erscheine, nicht jedoch im Hinblick auf den theoretischen Unterricht oder den praktischen Unterricht männlicher Fahrschüler. Derartige Übergriffe auf Fahrschülerinnen, wie sie der Kläger begangen habe, rechtfertigten vielmehr die Annahme, dass er für die Ausübung des Fahrlehrerberufs insgesamt charakterlich ungeeignet sei.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen wird. Die Zulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

Themenindex:
Entzug der Fahrlehrererlaubnis wegen sexueller Übergriffe auf Fahrschülerinnen

Gericht:
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 03.05.2012 - 8 K 2956/11

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