Versicherungsvermittler dürfen ihre Provision jetzt an ihre Kunden weitergeben. Das Verbot sei ein Relikt aus der NS- Zeit und einmalig in Europa. Da es den Preiswettbewerb einschränkt, ist es nicht mit dem europäischen Recht vereinbar.

Der Sachverhalt

Der Kläger ist freier Versicherungsvermittler, der für die Vermittlung von Lebensversicherungen von den jeweiligen Versicherern Provisionszahlungen erhält. Er möchte den überwiegenden Teil der Provisionen an seine Endkunden weitergeben. Hieran sieht er sich momentan durch eine auf der Grundlage des damals geltenden Versicherungsaufsichtsgesetzes ergangenen Rechtsverordnung vom 8. März 1934 gehindert, die es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt Sondervergütungen in irgendeiner Form den Versicherungsnehmern zu gewähren.

Die vorgenannte Verordnung hat in dem hier streitgegenständlichen Absatz folgenden Wortlaut: „Den Versicherungsunternehmen und den Vermittlern von Versicherungsverträgen wird untersagt, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren.“ Verstöße gegen das vorgenannte Verbot stellen eine Ordnungswidrigkeit dar.

Die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat dem Kläger die Einleitung eines Bußgeldverfahrens im Hinblick auf sein Verhalten in Aussicht gestellt. Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass er berechtigt ist die ihm von Versicherungsunternehmen gewährten Provisionen an die Endkunden teilweise weiterzugeben.

Die Entscheidung

Die für versicherungsaufsichtsrechtliche Verfahren zuständige 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat der Klage stattgegeben. Sie hält das allgemein gehaltene Verbot der Gewährung von Sondervergütungen in irgendeiner Form für zu unbestimmt.

Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten (BdV): „Endlich fällt das Provisionsabgabeverbot. Die Verbraucher können nun von mehr Wettbewerb profitieren.“

Besondere Bedeutung hat das Urteil für die private Krankenversicherung und Altersvorsorgeverträge. Denn hier werden die höchsten Provisionen gezahlt. Nach Erfahrungen des BdV ist es gängige Praxis, dass die Vermittler bereits heute trotz des Verbotes mit einer Beteiligung locken. Axel Kleinlein: „Verbraucher sollten ihre Entscheidung für eine Versicherung aber keinesfalls davon abhängig machen, wie viel sie von der Provision bekommen. Wichtiger ist, dass das Kleingedruckte und der Beitrag stimmen.“

Durch den Wegfall dürften Nettotarife - also Tarife, die ohne Kosten für den Vermittler kalkuliert sind - und damit auch die Honorarberatung gefördert werden. Axel Kleinlein: „Wir erwarten eine für Verbraucher positive Entwicklung. Die Beratung und nicht der Abschluss muss im Vordergrund stehen.“

Gegen dieses Urteil kann Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof und Revision zum Bundesverwaltungsgericht binnen Monatsfrist nach Zustellung eingelegt werden, da die Kammer die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof und die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.

Themenindex:
Versicherungsprovision

Gericht:
Verwaltungsgericht Frankfurt, Aktenzeichen: 9 K 105/11.F

Quelle: Bundes der Versicherten,
VG Frankfurt PM Nr. 13/2011

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