Zwar ist die Stadt für den Zustand der Straße und für die Beseitigung von Gefahren verantwortlich. Allerdings war in diesem Fall ein Baum nicht zu der Straße zu rechnen, weil er aus dem übrigen Bewuchs des an die Straße angrenzenden Grundstücks nicht heraustrat.

Der Sachverhalt

Ein Autofahrer hatte sein Kfz auf einer schmalen unbefestigten Straße, die an einem der Stadt gehörenden Grundstück vorbeiführt, seitlich abgestellt. Dort wurde es durch einen herabstürzenden Ast beschädigt. Der Baum stand innerhalb des an die Straße angrenzenden verwilderten Grünstreifens etwa vier bis fünf Meter vom Abstellplatz des Fahrzeugs entfernt auf dem stadteigenen Grundstück.

Der Kläger nahm die beklagte Stadt als für den verkehrssicheren Zustand der Straße Verantwortliche und darüber hinaus als Eigentümerin des benachbarten Grundstücks auf Schadensersatz in Höhe von rund 3.500,00 € in Anspruch.

Das Landgericht Potsdam hatte der Klage weitgehend stattgegeben. Auf die Berufung der Stadt hat das Brandenburgische Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Der für das Amtshaftungsrecht zuständige 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat entschieden, dass die Stadt dem Kläger gegenüber nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Die Entscheidung

Zwar sei die Stadt für den Zustand der Straße verantwortlich und das umfasse auch die Beseitigung von Gefahren, die von den zum Straßenkörper gehörenden Straßenbäumen ausgingen. Allerdings sei der fragliche Baum nicht zu der Straße zu rechnen, weil er aus dem übrigen Bewuchs des an die Straße angrenzenden Grundstücks nicht heraustrete, sondern in einem breiten Grüngürtel entlang der Fahrbahn einer kleinen, wenig befahrenen Straße stehe.

Die Stadt müsse im konkreten Fall den Schaden auch nicht deshalb ersetzen, weil sie als Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich der Baum befindet, für dessen Zustand verantwortlich wäre. Denn sie hatte das Grundstück vermietet und dem Mieter im Mietvertrag die Verpflichtung übertragen, das Grundstück zu sichern. Die Stadt habe bei einer derartigen Sachlage nur die Pflicht, zu kontrollieren, ob ihr Mieter in ausreichendem Maße die Grundstückssicherung vornehme. Dass er das nicht getan hätte, sei nicht ersichtlich.

Wie oft müssen Bäume kontrolliert werden?

In diesem Zusammenhang muss nach ständiger Senatsrechtsprechung der Verkehrssicherungspflichtige durch hinreichend qualifiziertes Personal regelmäßig zweimal im Jahr die Bäume kontrollieren. Dabei kann sich die Untersuchung normalerweise auf eine Sichtprüfung vom Boden beschränken (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juni 2003, Az. 2 U 50/02, Rdnr. 14 m. w. N.).

Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf Bäume

Allgemein gibt es für den Umfang der Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf Bäume, die in den Luftraum einer Straße hineinragen, keine für jeden Fall geltenden Grundsätze (OLG Naumburg, Urteil vom 23. November 1999, Az. 9 U 19/99, Rdnr. 8; zitiert nach juris). Die Anforderungen sind geringer, wenn es sich um einen Feldweg mit untergeordneter Verkehrsbedeutung handelt, und höher, wenn eine vielbefahrene Bundes- oder Ausfallstraße vorliegt (OLG Naumburg, a. a. O., Rdnr. 10). Zuweilen muss der Verkehrssicherungspflichtige, wenn ihm die Beseitigung der Gefahrenquelle nicht zugemutet werden kann, zumindest vor ihr warnen (OLG Naumburg, Urteil vom 5. Februar 1997, Az. 5 U 235/96; zitiert nach juris). Auch das Interesse an der Erhaltung alten Baumbestandes an öffentlichen Straßen ist mit in Betracht zu ziehen (OLG Naumburg, Urteil vom 23. November 1999, Az. 9 U 19/99, Rdnr. 16; zitiert nach juris). Ein im Waldsaum an der Straße stehender Baum wird nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht der Straße zugerechnet. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich auf ihn so lange nicht, als er unauffällig im Wald steht und nicht aus ihm hervortritt, indem der Baum Eigentümlichkeiten aufweist, die ihn vom Waldsaum abheben und äußerlich der Straße zuordnen (BGH, a. a. O., Rdnr. 20).

Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen.

Gericht:
OLG Brandenburg, Urteil vom 28.06.2011 – 2 U 16/10

Quelle: OLG Brandenburg, Rechtsindex

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