Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verkehrsüberwachung per Videoaufzeichnung für unzulässig erklärt, weil sie gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoße. Dies gelte jedoch nur, wenn kein konkreter Anfangsverdacht  für einen Verkehrsverstoß vorgelegen habe, so das OLG Thüringer Oberlandesgericht.

Der Fall:

Mit Beschluss vom 11.08.2009 (Az.: 2 BvR 941/08) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verkehrsüberwachung per Videoaufzeichnung für unzulässig erklärt, weil sie gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoße. Diese Entscheidung hat für großes Aufsehen gesorgt. Aber nicht jeder "erwischte" Temposünder kann nun aufatmen, wie das Thüringer Oberlandesgericht (THOLG) vor kurzem entschieden hat.

Der Bußgeldsenat des THOLG hatte über die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen zu entscheiden, der vom Amtsgericht wegen einer - außerorts begangenen - Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h zu einer Geldbuße von 150,-- € und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt worden war. Die Rechtsbeschwerde war maßgeblich auf den Beschluss des BVerfG vom 11.08.2009 gestützt worden; der mit Fotoaufnahmen geführte Nachweis, zu schnell gefahren zu sein, verstoße gegen Verfassungsrecht.

Dieser Argumentation ist das THOLG nicht gefolgt und hat die Rechtsbeschwerde verworfen.

Zur Begründung heißt es in der Entscheidung des Bußgeldsenats, Videoaufzeichnungen oder Fotoaufnahmen seien nur dann verfassungswidrig erhobene und deshalb unzulässige (verbotene) Beweismittel, wenn kein "konkreter Anfangsverdacht" für einen Verkehrsverstoß vorgelegen habe. Den Fall verdachtsabhängiger Aufzeichnungen oder Aufnahmen habe das BVerfG "nicht angesprochen". Es habe sich (nur) mit dem Sachvortrag des Beschwerdeführers befasst, wonach sämtliche Fahrzeuge verdachtsunabhängig gefilmt und die Aufzeichnungen anschließend auf Verkehrsverstöße ausgewertet worden seien.

In dem vom THOLG entschiedenen Fall lag der Sachverhalt anders. Hier war die Geschwindigkeitsüberschreitung zunächst maschinell festgestellt worden. Erst dann wurde die Fotoaufnahme ausgelöst und so eine Zuordnung zu Fahrzeug und Fahrer ermöglicht. Damit sei

"die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.2009 nicht einschlägig; ein verdachtsunabhängiger Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung findet nicht statt."

Gericht:
Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 06.01.2010, Az.: 1 Ss 291/09

Querverweis:
Weitere Urteile zum Thema Geschwindigkeitsüberschreitung

Quelle: Thüringer Oberlandesgericht
Mit Beschluss vom 11.08.2009 (Az.: 2 BvR 941/08) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verkehrsüberwachung per Videoaufzeichnung für unzulässig erklärt, weil sie gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoße. Diese Entscheidung hat für großes Aufsehen gesorgt. Aber nicht jeder „erwischte“ Temposünder kann nun aufatmen, wie das Thüringer Oberlandesgericht (THOLG) vor kurzem entschieden hat.



Der Bußgeldsenat des THOLG hatte über die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen zu entscheiden, der vom Amtsgericht wegen einer – außerorts begangenen - Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h zu einer Geldbuße von 150,-- € und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt worden war. Die Rechtsbeschwerde war maßgeblich auf den Beschluss des BVerfG vom 11.08.2009 gestützt worden; der mit Fotoaufnahmen geführte Nachweis, zu schnell gefahren zu sein, verstoße gegen Verfassungsrecht.



Dieser Argumentation ist das THOLG nicht gefolgt und hat die Rechtsbeschwerde verworfen.



Zur Begründung heißt es in der Entscheidung des Bußgeldsenats, Videoaufzeichnungen oder Fotoaufnahmen seien nur dann verfassungswidrig erhobene und deshalb unzulässige (verbotene) Beweismittel, wenn kein „konkreter Anfangsverdacht“ für einen Verkehrsverstoß vorgelegen habe. Den Fall verdachtsabhängiger Aufzeichnungen oder Aufnahmen habe das BVerfG „nicht angesprochen“. Es habe sich (nur) mit dem Sachvortrag des Beschwerdeführers befasst, wonach sämtliche Fahrzeuge verdachtsunabhängig gefilmt und die Aufzeichnungen anschließend auf Verkehrsverstöße ausgewertet worden seien.



In dem vom THOLG entschiedenen Fall lag der Sachverhalt anders. Hier war die Geschwindigkeitsüberschreitung zunächst maschinell festgestellt worden. Erst dann wurde die Fotoaufnahme ausgelöst und so eine Zuordnung zu Fahrzeug und Fahrer ermöglicht. Damit sei

„die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.2009 nicht einschlägig; ein verdachtsunabhängiger Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung findet nicht statt.“


(Verfasserin der Pressemitteilung:
Richterin am Oberlandesgericht Sonja Friebertshäuser – Pressesprecherin –
Die Entscheidung des THOLG ist rechtskräftig.

Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 06.01.2010, Az.: 1 Ss 291/09
(Amtsgericht Jena, Urteil vom 21.08.2009, Az.: 598 Js 6397/09 – 1 OWi)
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