Wer sich in Sandalen einem bergab rollenden PKW entgegenstellt und dabei gravierende Verletzungen erleidet, muss sich ein ganz erhebliches Eigenverschulden entgegenhalten lassen.

Der Sachverhalt

Die Lebensgefährtin des Klägers parkte ihren PKW BMW Mini vor dem gemeinsamen Haus ab. Der Kläger kam hinzu und beide unterhielten sich. Während dieses Gesprächs bemerkte der Kläger, dass sich der PKW in Bewegung setzte und rückwärts die abschüssige Einfahrt hinunterzurollen begann.

Der Kläger lief hinter das Fahrzeug und versuchte sich mit beiden Händen dagegen zu stemmen. Der Kläger wurde von dem Fahrzeug jedoch niedergedrückt, kam rücklings zu Fall, wurde von dem PKW überrollt und über eine Strecke von etwa 20 m mitgeschleift. Er erlitt schwere Verletzungen und musste reanimiert werden

Von dem beklagten KFZ-Haftpflichtversicherer seiner Lebensgefährtin verlangt der Kläger Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung, dass eine Haftung für sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden bestehe.

Das Landgericht Köln hat durch Grundurteil eine Haftung der Beklagten in Höhe von 30 % festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte legten gegen diese Entscheidung Berufung ein.Beiden Parteien gingen in Berufung.

Die Entscheidung

Mit Urteil vom 05.07.2019 hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Die Lebensgefährtin habe die Verletzungen des Klägers zurechenbar dadurch verursacht, dass sie den PKW abgestellt, aber nicht hinreichend gegen ein Wegrollen gesichert habe.

Mitverschulden des Klägers bei 70%

Der Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden entgegenhalten lassen, welches zu Recht mit 70 % bewertet worden sei. Aufgrund der Masse des PKWs, der Tatsache, dass sich dieser selbständig in Bewegung gesetzt hatte, und der Kenntnis des größer werdenden Gefälles habe sich für den Kläger aufdrängen müssen, dass ein Aufhalten des PKW durch ein Dagegenstemmen von hinten ausgeschlossen war.

Augenblicksentscheidung des Klägers

Bei der Abwägung hat der Senat aber auch berücksichtigt, dass der Kläger sich spontan und ohne weiteres Nachdenken zum Eingreifen entschied und eine objektiv falsche Reaktion auf ein Unfallgeschehen aus verständlicher Bestürzung das Mitverschulden reduzieren oder ausschließen kann. Wegen der von ihm zu treffenden Augenblicksentscheidung war der Anspruch des Klägers hier nicht vollständig ausgeschlossen.

Rechtliche Grundlagen

Rechtlich hat der Senat den Anspruch auf § 823 Abs. 1 BGB gestützt. Eine Haftung aus §§ 7, 18 StVG schied gem. § 8 Nr. 2 StVG aus, weil der Kläger sich den Triebkräften des PKW bewusst ausgesetzt hat, indem er sich hinter das rollende Fahrzeug gestellt hat, um es aufzuhalten.

Gericht:
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 05.07.2019 - Az. 6 U 234/18

OLG Köln, PM
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