Ist ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt neben einem Fahrschüler sitzt, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO?

Der Sachverhalt

Wie die Deutschen Anwaltshotline berichtet, wurde ein Fahrlehrer während einer Fahrstunde beim Telefonieren ohne Freisprechanlage erwischt. Wegen dieses Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung erhielt er daraufhin eine Geldbuße von 40 Euro.

Der Fahrlehrer wollte dies aber nicht akzeptieren, er habe nichts falsch gemacht. Schließlich sei nicht er selbst, sondern seine Fahrschülerin gefahren. Diese hätte bereits genug Fahrpraxis gehabt, sodass er davon ausgehen konnte, nicht plötzlich eingreifen zu müssen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (4 StR 92/14)

Die Frage, ob ein Fahrlehrer Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO ist, wurde vom Bundesgerichtshof (4 StR 92/14) verneint.

Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien - etwa im Sinne der §§ 315c, 316 StGB - das Kraftfahrzeug nicht. Daher erfüllt der Fahrlehrer die Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift.

Dass er sich dabei ein solches Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer. Auch aus der abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens (zusätzliche Gas- und Bremspedale, vgl. § 5 Abs. 2 DVFahrlG) ergibt sich nichts anderes. Diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen. Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt - etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler - lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden.

Sinn und Zweck der Regelung in § 23 Abs. 1a StVO

Sinn und Zweck der Regelung in § 23 Abs. 1a StVO spricht gegen eine Einbeziehung von Fahrlehrern, die während eines Telefongesprächs nicht in die Fahrt eingreifen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Schaffung des § 23 Abs. 1a StVO erreichen, dass der Fahrzeugführer "beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat"; hält der Fahrzeugführer aber in der einen Hand das Telefon, so steht ihm für das Lenkrad und sonstige manuell zu bedienende Instrumente nur noch eine Hand zur Verfügung (BR-Drucks. 599/00, S. 18; vgl. Mitsch, NZV 2011, 281, 282 f.). Die Tätigkeit des Fahrlehrers besteht in der Regel in verbalen Anweisungen. Selbst in hypothetischen Gefahrensituationen benötigt der Fahrlehrer nicht notwendig beide Hände. Ungeachtet der Gefahren, die von einem durch das Telefonieren abgelenkten Fahrlehrer ausgehen mögen, erfasst daher der Schutzzweck des § 23 Abs. 1a StVO den eine Aufsichtsfahrt beaufsichtigenden Fahrlehrer jedenfalls nicht unmittelbar (vgl. Joerden, BA 40 [2003], 104, 107).

Gericht:
Bundesgerichthof, Beschluss vom 23.09.2014 - 4 StR 92/14

BGH, Kurzfassung aus dem Beschluss 4 StR 92/14
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