Das OLG Celle hat einem verletzten Fahrradfahrer mit Urteil (AZ. 14 U 113/13) umfassend Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz wegen einer Kopfverletzung zugesprochen. Die tendenzielle Schutzwirkung eines Fahrradhelmes begründe keine allgemeine Helmtragepflicht.

Der Sachverhalt

Im verhandelten Fall des Oberlandesgerichts Celle (AZ. 14 U 113/13), kollidierte der Radfahrer auf der Straße mit einer weiteren Radfahrerin und zog sich bei dem Sturz u. a. erhebliche Kopfverletzungen zu.

Das Landgericht Verden hat dem Kläger in erster Instanz nur einen Teil des begehrten Schmerzensgeldes zugesprochen. Den zunächst als begründet erachteten Schmerzensgeldanspruch hat das Landgericht um 20 % gekürzt. Dies sei die zu berücksichtigende Höhe des Mitverschuldens des Klägers, da er keinen Fahrradhelm getragen habe. Auf der Grundlage des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ließe sich nachweisen, dass ein Fahrradhelm diese Verletzung jedenfalls teilweise hätte verhindern können.

Nach Ansicht des Landgerichts Verden stehe einem solchen Abzug auch nicht entgegen, dass es keine gesetzliche Helmtragepflicht für Fahrradfahrer gibt. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Kläger auf einem Rennrad mit ca. 25 bis 30 km/h gefahren sei, wodurch er als sportlich ambitionierter Fahrer zu betrachten sei. Dies sei auch vergleichbar mit Skifahrern oder Reitern, die bei der Ausübung ihres Sports ebenfalls i. d. R. Helme trügen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle (AZ. 14 U 113/13)

Das Oberlandesgericht Celle hingegen lehnte eine allgemeine Helmtragepflicht für Radfahrer ab. Eine solche Verpflichtung bestehe weder auf Grund einer gesetzlichen Regelung noch als allgemeine Obliegenheit. Dies entspreche auch dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung. Die Lage eines Radfahrers sei auch nicht mit der eines Reiters oder Skifahrers vergleichbar. Denn dies seien reine Hobbies, bei denen die spezifischen Risiken sich auch gerade aus dem Fehlen allgemeiner Verkehrsregeln wie etwa der StVO ergäben. Ein Fahrrad hingegen werde auch im Alltag ganz allgemein zur Beförderung genutzt.

Urteil: Für eine Helmpflicht fehle es an einer gesetzlichen Regelung

Aber selbst auf einer Trainingsfahrt bestehe keine Helmpflicht, wenn der Radfahrer dabei weder zu schnell noch besonders risikobehaftet fahre. Nur wenn ein Sport-Radfahrer sich im Straßenverkehr bewusst erhöhten Risiken aussetze, die über das hinaus gingen, was jeden normalen „Alltagsfahrer" betreffe und er sich dabei verletze, könne ihm vorgeworfen werden, dass er keinen Helm getragen habe. In diesem vom OLG Celle entschiedenen Fall, konnte jedoch gerade keine risikobehaftete Fahrweise festgestellt werden.

Tendenzielle Schutzwirkung eines Fahrradhelmes begründe keine allgemeine Helmtragepflicht

Der Kläger sei zwar auf einem Sportrad zum Zwecke des Ausdauertrainings und auf einer abschüssigen Straße mit einer Geschwindigkeit von 25-30 km/h unterwegs gewesen. Zu der Kollision sei es aber allein gekommen, weil die Beklagte nach links in ein Grundstück habe einbiegen wollen und dabei ihrer Rückschaupflicht nicht nachgekommen sei. Zudem sei bislang auch nicht hinreichend nachgewiesen, dass Sturzhelme signifikant zur Abwendung von Kopfverletzungen führten. Jedenfalls sei aber das Ausmaß des Schutzes nur schwer zu qualifizieren. Allein die tendenzielle Schutzwirkung des Fahrradhelmes begründe jedoch noch keine allgemeine Helmtragepflicht.

Richter Dr. Götz Wettich erläutert: "Nur weil jemand in seiner Freizeit das Radfahren als Sport betreibt, kann das also noch nicht zu seinen Lasten gehen. Eine bei der Schadensberechnung zu berücksichtigende Obliegenheit zum Helmtragen kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein sportlich ambitionierter Fahrer sich auch im normalen Straßenverkehr bewusst erhöhten, über die allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs hinausgehenden Gefahren aussetzt. Allerdings ist die Frage einer Helmpflicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang noch nicht einheitlich beantwortet. Daher hat das OLG Celle die Revision ausdrücklich zugelassen. Den Parteien bleibt somit die Möglichkeit, den Bundesgerichtshof in Karlsruhe anzurufen."

Gericht:
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 12.02.2014 - 14 U 113/13

OLG Celle
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