Wenn durch ein Fahrverbot der Nebenjob bedroht ist, muss das Gericht dies nicht berücksichtigen. Das gilt vor allem dann, wenn das zusätzliche Einkommen nur den Lebensstandard hebt, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreffenden im Übrigen aber gesichert sind.

Der Sachverhalt

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über ein Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 19. November 2012 (AZ: 19 OWi-89 Js 1600/12-188/12).

Bei der Einfahrt in einen Ort wurde eine Autofahrerin geblitzt. Die Höchstgeschwindigkeit wurde hier von den außerorts üblichen 100 km/h zunächst auf 80, dann vor einer Kreuzung auf 60 km/h herabgesetzt. Die Frau wurde kurz vor der Kreuzung mit 93 km/h geblitzt. Nach Abzug der Messtoleranz waren dies immer noch 30 km/h zu viel. Die Autofahrerin erhielt eine Geldbuße von 120 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot.

Die Frau ging vor Gericht, da für sie das Fahrverbot den Verlust ihres Nebenjobs als Kurierfahrerin einer Apotheke bedeutete. Das Gericht hielt an dem Fahrverbot fest.

Die Entscheidung

Die Rentnerin sei aufgrund ihrer Rente von 2.000 Euro nicht auf die Einnahmen aus der Nebentätigkeit in Höhe von 400 Euro angewiesen. Der Apotheken-Job würde lediglich ihren Lebensstandard verbessern. Gesichert sei dieser jedoch durch die Rente. Daher müsse das Gericht die drohende Kündigung durch die Apotheke nicht berücksichtigen.

Aus dem Urteil: [...] Die Betroffene hat berufliche Härten durch das drohende Fahrverbot geltend gemacht. Bei einem Fahrverbot sei sie bei der Apotheke "sicher raus". Das Gericht musste sich angesichts der Rente von 2000 Euro und der lediglich lebensstandarderhöhenden (nicht lebensstandardsichernden) Nebentätigkeit deren Verlust die Betroffenen fürchtet nicht weiter mit der Frage auseinandersetzen, ob eine Kündigung durch die Apotheke tatsächlich droht.

Angesichts der Voreintragungen kam auch ein Absehen vom Fahrverbot gegen Heraufsetzung der Geldbuße (§ 4 Abs. 4 BKatV) nicht in Frage. [...]

Gericht:
Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 19.11.2012 - 19 OWi-89 Js 1600/12-188/12

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