Nach Urteil des BayVGH, stelle allein die Erfassung der Autokennzeichen und ihr Abgleich mit polizeilichen Fahndungsdaten noch keinen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, wenn die Daten danach sofort wieder gelöscht würden.

Der Sachverhalt zum Urteil

Geklagt hatte ein Pendler, der auf seiner Strecke regelmäßig Geräte zur automatisierten Kennzeichenerkennung und -erfassung passiert. Mit seiner Klage wollte er erreichen, dass der Freistaat Bayern Kennzeichen von auf ihn zugelassenen Fahrzeugen nicht mehr durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme erfassen und mit polizeilichen Dateien abgleichen darf.

Es ging ihm darum, eine ständige polizeiliche Überwachung in der Art eines "Bewegungsbildes" zu verhindern. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage abgewiesen.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

Nach Auffassung des BayVGH hat das Verwaltungsgericht München die Klage zu Recht abgewiesen. Allein die Erfassung der Autokennzeichen und ihr Abgleich mit polizeilichen Fahndungsdaten stelle noch keinen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, soweit die Fahrzeugdaten danach sofort und spurenlos gelöscht würden (sog. "Nichttreffer").

Jedoch liege ein konkreter Eingriff in dieses Grundrecht in der nicht auszuschließenden fehlerhaften Erfassung der Kennzeichen (sog. "unechter Treffer"), weil in diesem Fall eine Nachkontrolle durch einen Polizeibeamten erfolge. Der Grundrechtseingriff sei aber gerechtfertigt. Die Vorschriften, die die automatisierte Kennzeichenerfassung ermöglichten, seien verfassungsgemäß.

Der bayerische Gesetzgeber sei zu der den Kläger betreffenden Regelung zuständig, weil sie im Ergebnis rein präventiven Charakter habe. Die Frage der Gesetzgebungskompetenz für eine Regelung zur weiteren Verwendung der durch die Kennzeichenerfassung erhobenen Daten, evtl. auch im Rahmen strafverfolgender Tätigkeit sei nicht Gegenstand des entschiedenen Falls. Die einschlägigen Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes seien hinreichend bestimmt, die Löschung der erhobenen Daten klar geregelt. Das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit werde noch gewahrt.

Der Gesetzgeber habe schwerwiegende Eingriffe, die nur zu besonders gewichtigen Zwecken erfolgen dürften, von vornherein ausgeschlossen oder eng begrenzt. So sei es nur in besonderen Fällen zulässig, Einzelerfassungen zu einem Bewegungsbild zu verbinden. Der flächendeckende Einsatz der Kennzeichenerfassung sei grundsätzlich nicht erlaubt. Da die Kennzeichenerfassung und der Datenabgleich nicht anlasslos und nur bei Vorliegen bestimmter Gefahrenlagen erfolgten, werde keine unbegrenzte Kontrolle aller Verkehrsteilnehmer ausgeübt.

Auch ein rechtswidriger Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen liege derzeit in Bayern nicht vor. Der BayVGH hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen.

Gericht:
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 17.12.2012 - 10 BV 09.2641

Quelle: BayVGH
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