Ein mobiler Schrotthändler nahm von einem Blechhaufen am Straßenrand Materialien und warf diese auf die Ladefläche seines LKWs. Dabei prallte ein Blech an der Seitenwand ab und beschädigte ein parkendes Fahrzeug. Er fuhr einfach davon und muss sich wegen Fahrerflucht verantworten. Zu Recht?

Ja, denn das Be- und Entladen von haltenden oder parkenden Fahrzeugen ist verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, wenn ein innerer Zusammenhang mit der Funktion eines Kraftfahrzeugs als Verkehrs- und Transportmittel besteht.

Der Sachverhalt

Der Angeklagte, ein selbstständiger Schrotthändler, fuhr mit seinem LKW und sammelte Schrott ein. Ein Anwohner hörte  das "Bimmeln" des Schrotthändlers und stellte diverse Bleche vor dem Haus ab. Er hielt den Angeklagten an, als dieser mit seinem LKW vorbeikam. Beim Beladevorgang warf der Angeklagte eines der Bleche nicht hoch genug, so dass es nicht über die Seitenwand flog, sondern von außen gegen die Seitenwand der Ladefläche prallte und von dort zurückflog. Dabei wurde ein geparkter PKW beschädigt und es entstand eine sichtbare Eindellung im unteren Bereich der A-Säule des PKW. Die Reparatur des Schadens belief sich auf rund 1.890,-- €.

Der Angeklagte hatte zwar mitbekommen, dass durch seinen Fehlwurf das geparkte Fahrzeug beschädigt worden war, kümmerte sich aber nicht weiter um den Schaden. Stattdessen warf er das Blech noch auf seinen LKW, beendete seine Ladetätigkeiten, obwohl noch nicht alle Bleche aufgeladen waren, und stieg in seinen LKW mit dem Bemerken zum Anwohner, er müsse sofort weg, würde aber wieder kommen.

Zurück kam er natürlich nicht mehr, allerdings notierte sich der Anwohner das Kennzeichen und zeigte ihn an. Der darauf folgende Strafbefehl der Staatsanwaltschaft wollte der Fahrer nicht akzeptieren. Schließlich sei das bewusste Blech nie auf die Ladefläche seines Lkw gelangt und von dort abgerutscht. Vielmehr sei ihm die Unachtsamkeit auf dem Bürgersteig stehend und bei abgestelltem Motor passiert. Womit von einer Verkehrsbezogenheit und damit von anschließender "Fahrerflucht" keine Rede sein könne.

Die Entscheidung

Aus dem Urteil: [...] Wer sein Fahrzeug auf öffentlichem Grund abstellt, ist während der gesamten Dauer des Parkens Verkehrsteilnehmer (Heß in Burmann u. A., a.a.O., StVO § 1 Rn. 19). Das Be- und Entladen von haltenden oder parkenden Fahrzeugen ist verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, wenn ein innerer Zusammenhang mit der Funktion eines Kraftfahrzeugs als Verkehrs- und Transportmittel besteht [..]

Der Schrotthändler habe zweifellos an dem Blechhaufen angehalten, um dem Zweck seines Lkws als Transportmittel nachzukommen. Damit ist auch ein Wegrutschen oder Abprallen der zu transportierenden Materialien eine typische, sich aus dem Verkehrsvorgang ergebene Gefahr. Und wer einen Verkehrsunfall verursacht hat und sich einfach verdrückt, begeht nun mal Fahrerflucht, erklärt die Deutsche Anwaltshotline.

Weiter aus dem Urteil: [...] Ist, wie ausgeführt, das Be- und Entladen verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, dann macht es bezogen auf das Tatbestandsmerkmal „Unfall im Straßenverkehr“ keinen Unterschied, ob ein bereits geladener Gegenstand vom geparkten Fahrzeug herunterfällt oder der Schaden bereits beim Beladen des Fahrzeugs oder erst später beim Entladen entsteht (Deutscher a.a.O.). Dem Schutzbereich des § 142 StGB unterfallen gerade solche Geschehensabläufe im öffentlichen Straßenverkehr, die mit einem erhöhten Unfall- und Schadensrisiko sowie - wegen der Beteiligung eines Fahrzeugs - mit dem Risiko eines schnellen Entfernen des Verursachers vom Unfallort und damit einem gesteigerten Aufklärungsinteresse anderer Verkehrsteilnehmer einhergehen (vgl. Geppert a.a.O. § 142 Rn. 23). Dazu gehören aber insbesondere auch Ladevorgänge, und zwar gerade - wie vorliegend - fehlerhafte. [...]

Der Angeklagte hat sich nach § 142 StGB strafbar gemacht.

Gericht:
OLG Köln, Urteil vom 19. 7. 2011 – III-1 RVs 138/11

Redaktion Rechtsindex
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