Auch bei einem Privatfahrzeug mit neutralem Erscheinungsbild, kann ein angebrachtes Blaulicht bei einem objektiven Betrachter den Eindruck erwecken, es handele sich um ein Zivilfahrzeug der Polizei.

Nach Urteil des KG Berlin ist die Tatsache, dass auch Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen blaues Blinklicht einsetzen dürfen, für sich allein nicht geeignet, den Tatbestand einer Amtsanmaßung auszuschließen. Erforderlich sind Feststellungen zu Zeit, Ort und Umständen der Fahrt, zu Art und Aussehen des Fahrzeugs, zu Form und Einsatzweise des blauen Blinklichts und zu den Auswirkungen seines Einsatzes auf etwaige andere Verkehrsteilnehmer.

Der Sachverhalt

Der Angeklagte war in Berlin auf der innerstädtischen Autobahn unterwegs und setzte dabei ein im Frontbereich des Fahrzeuges installiertes Blaulicht in Gang. Obwohl ihm klar war, dass dies nur in hoheitlicher Funktion erfolgen konnte, handelte der Angeklagte in der Absicht, sich freie Fahrt zu verschaffen.

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten vom Vorwurf der Amtsanmaßung aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Aus dem Einsatz von Blaulicht könne nicht gefolgert werden könne, dass er sich als Hoheitsträger ausgegeben habe, da das Setzen von Blaulicht nicht nur Hoheitsträgern überlassen und das Handeln des Angeklagten damit mehrdeutig gewesen sei.

Die hiergegen eingelegte Sprungrevision der Staatsanwaltschaft hat mit der allein erhobenen Sachrüge Erfolg.

Das Urteil des Kammergerichts Berlin (4) 121 Ss 247/12 (304/12)

Das angefochtene Urteil ist lückenhaft und genügt nicht den sich aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO ergebenden Anforderungen an die Begründungspflicht bei freisprechenden Urteilen. Der Angeklagte hat sein Fahrzeug zwar mit "Blaulicht" geführt und dies eingeräumt, weitere Feststellungen zu Zeit, Ort und Umständen der Fahrt, zu Art und Aussehen des Fahrzeugs, zu Form und Einsatzweise des blauen Blinklichts und zu den Auswirkungen seines Einsatzes auf etwaige andere Verkehrsteilnehmer hat das Amtsgericht jedoch nicht getroffen.

Zutreffend geht der Tatrichter davon aus, dass nach § 52 Abs. 3 StVZO auch Kraftfahrzeuge mit Kennleuchten für blaues Blinklicht ausgestattet sein können, deren Halter privatrechtlich organisiert sind, und dass folglich auch Private blaues Blinklicht unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 StVO einsetzen. Die Tatsache, dass auch Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen blaues Blinklicht einsetzen dürfen, ist für sich allein daher nicht geeignet, den Tatbestand einer Amtsanmaßung auszuschließen.

§ 132 StGB Amtsanmaßung

"Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Nun kommt darauf an, ob die vorgenommene Handlung im Rahmen der sie begleitenden Umstände bei einem objektiven Betrachter den Anschein hoheitlichen Handelns hervorruft und deswegen mit einem solchen Handeln verwechselbar ist.

Fahrzeuge mit Blaulicht werden überwiegend im Rahmen hoheitlichen Handelns eingesetzt

Es ist zu berücksichtigen, dass der überwiegende Teil der nach § 52 Abs. 3 StVZO mit Kennleuchten für blaues Blinklicht ausgestatteten, zu Einsatzfahrten nach § 38 Abs. 1 und 2 StVO berechtigten Fahrzeuge im Rahmen hoheitlichen Handelns eingesetzt werden und daher der erste Anschein auch aus Sicht eines objektiven Betrachters für ein solches Handeln spricht.

Äußeres Erscheinungsbild des Fahrzeugs

Es müssen Feststellungen getroffen werden, wie das Fahrzeug nach dem äußeren Erscheinungsbild einzustufen wäre. Hat es den Anschein eines Unfallhilfswagens der Verkehrsbetriebe oder eines Fahrzeugs der Rettungsdienste, liegt ein hoheitliches Handeln nicht vor. Hat das Fahrzeug aber Ähnlichkeit mit einem Einsatzfahrzeug der Polizei oder Feuerwehr, verstärkt dies den Eindruck hoheitlichen Handelns. Hat ein Fahrzeug das neutrale Erscheinungsbild eines Privatwagens, so kann dies für einen objektiven Betrachter den Eindruck erwecken, es handelt sich um ein Zivilfahrzeug der Polizei, das das Blaulicht im Rahmen einer Einsatzfahrt und damit hoheitlichen Handelns verwendet.

Das Kammergericht hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverwiesen.

Gericht:
Kammergericht Berlin, Urteil vom 09.01.2013 - (4) 121 Ss 247/12 (304/12)

KG Berlin
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Für die Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung gem. § 132 Var. 2 StGB reicht es aus, dass die Handlung des Täters objektiv als hoheitlich erscheint und deswegen mit einer rechtmäßigen Amtshandlung verwechselt werden kann. Urteil lesen

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