Immer öfter werden vorwiegend Männer aufgrund sexueller Handlungen, Anspielungen, Belästigungen oder Anmachen wegen Beleidigung bei der Polizei angezeigt. Eine Informationen zur Strafbarkeit der sexuellen Beleidigung durch Handlung, Äußerung oder Belästigung.

Ein Beitrag der Anwaltskanzlei Stephens und Perperidis

Immer öfter werden vorwiegend Männer aufgrund sexueller Handlungen, sexueller Anspielungen, sexueller Belästigungen, oder sexueller Anmachen wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage bei der Polizei angezeigt. Dies vor allem auch dann, wenn die sexuelle Handlung noch nicht den strafbaren Bereich einer "echten" Sexualstraftat wie z.B. einer sexuellen Nötigung erreicht hat.

Die Ermittlungsbehörden gehen dabei der Sache häufig sehr undifferenziert nach und ermitteln dann wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage, obwohl der Tatbestand der Beleidigung nur in den seltensten Fällen juristisch erfüllt ist! Der folgende Artikel soll also Beschuldigten, aber auch Opfern von sexuellen Handlungen darüber informieren, wann eine Beleidigung aufgrund sexueller Handlungen überhaupt juristisch gegeben und damit strafbar ist.

Beleidigung

Eigentlich gibt es keine sexuelle Beleidigung oder Sexualbeleidigung. Der Gesetzgeber kennt nur die "normale" Beleidigung, also jeden Angriff auf die Ehre durch Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung. Eine Sexualbeleidigung gibt es ebenso wenig wie eine Beamtenbeleidigung. Durch den Tatbestand der Beleidigung soll die Ehre vor unwahren Tatsachenaussagen gegenüber dem Betroffenen (Du bist ein Verbrecher) und vor Werturteilen durch die der Täter seine eigene Missachtung kundgibt (armseliges Flittchen) bestraft werden.

Eine Äußerung bringt dann Missachtung oder Nichtachtung zum Ausdruck (und ist dann entsprechend als strafbare Beleidigung zu werten), wenn sie dem Betroffenen seinen elementaren Wert ganz oder teilweise abspricht oder Mängel unterstellt und dadurch seinen Achtungsanspruch verletzt oder mindert. Maßgebend ist dabei eine objektive Betrachtungsweise.

Beleidigung auf sexueller Grundlage

Problematisch ist jedoch die Beleidigung auf sexueller Grundlage, sprich wenn sich eine Person durch eine sexuelle Handlung beleidigt fühlt.

Beispiel: Ein Mann greift einer Frau an den Busen oder an den Po, bringt schlechte Anmachsprüche oder bespannt die Frau in der Umkleidekabine etc...

In solchen, wie auch zahlreichen anderen Fällen sexueller Handlungen oder sexueller Anspielungen / Belästigungen, sind oftmals die Straftatbestände des Sexualrechts wie z.B. eine sexuelle Nötigung nicht erreicht, sei es weil keine Nötigungshandlung (Drohung / Gewalt / Ausnutzen einer hilflosen Lage) im Spiel ist, oder weil die sexuelle Handlung einfach noch nicht den für die Erfüllung einer Strafbarkeit nötige Intensität erreicht hat. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers muss die sexuelle Handlung eine gewisse Erheblichkeit aufweisen. Dies deshalb, weil der Begriff der sexuellen Handlung so weit gefasst ist, dass jede denkbare auf das Geschlecht bezogene Handlung (selbst das charmante Nachpfeifen einer Frau) schon unter den Begriff der sexuellen Handlung fällt.

Deshalb liegt eine Beleidigung nach gefestigter Rechtsprechung nur dann vor, wenn der Täter durch die sexuelle Handlung zum Ausdruck bringt (und dies subjektiv auch zum Ausdruck bringen möchte), dass der / die Betroffene einen seine / ihre Ehre mindernden Mangel aufweist.

Mit dem gewöhnlichen Erscheinungsbild einer sexuellen Handlung ist ein solcher Ehrangriff jedoch zumeist nicht verbunden, da Scham- und Ehrverletzung nicht dasselbe sind. Ebenso wenig enthält die Missachtung der Persönlichkeit, die in einem Sexualdelikt oder in anderen Fällen eines sozialethisch missbilligten sexualbezogenen Verhaltens zum Ausdruck kommt, schon per se oder den Vorwurf mangelnder Ehre.

Beispiel: Jemand der einer Frau beim Umziehen zusieht, tut dies in der Regel aus eigener Befriedigung heraus und nicht um die Frau zu beleidigen!

Inzwischen geht die Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass die Ehre nicht schon durch eine Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung, des Schamgefühls, der Intimsphäre usw. sondern nur durch Äußerungen angegriffen werden kann, die ihrem objektiven Sinngehalt nach dem Betroffenen eine negative Qualität zuschreiben und für ihn damit "ehrenrührig" sind.

Für sexualbezogene Handlungen gilt also, dass diese nur dann eine Beleidigung sein können, wenn sie über den allgemeinen Angriff auf die Personenwürde oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht hinaus zusätzlich die Einschätzung von der Minderwertigkeit des Opfers i.S. eines Mangels an Ehre zum Ausdruck bringen.

Beispiel: Der Täter ejakuliert einer in der U-Bahn schlafenden Frau in das Gesicht.

Dies kann ausdrücklich oder schlüssig geschehen und kann sich auch aus den "besonderen Umständen" ergeben, jedenfalls aber muss das Täterverhalten diesen objektiven Erklärungswert haben. Erst wenn der Täter zu erkennen gibt, dass er die Betroffene zB als "Flittchen", "dumme Gans" oder sonst als eine Person einschätzt, mit der "man so etwas ohne weiteres machen kann", sind hier wie auch in anderen Fällen die Grenzen zur Beleidigung überschritten.

Der Täter muss vorsätzlich beleidigen

Der Täter muss vorsätzlich handeln, dh er muss eine Vorstellung v. Opfer der Beleidigung haben, er muss sich wissentlich und willentlich herabsetzend äußern, also insb. auch die beleidigende Qualität der Äußerung kennen, und schließlich die Wahrnehmung der Äußerung wollen.

Das bedeutet, wenn der Täter schon gar keine Beleidigung zum Ausdruck bringen will oder sein Verhalten nicht als Beleidigung versteht ist das auch nicht strafbar.

Beispiel: Wer einer Frau an den Hintern fasst, weil er ihn knackig findet will die Frau nicht beleidigen.

Sonstige Formen sexueller Belästigung

Sonstige Formen sexueller Belästigung (z.B. "Busengrapschen", Obszönitäten) sind nicht strafbar, da in diesen Fällen keine erhebliche sexuelle Handlung vorliegt (siehe oben). Auch hier scheidet eine strafbare Beleidigung aus, da eine Beeinträchtigung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts nicht notwendig einen Angriff auf die Ehre enthält (siehe oben). Eine Beleidigung verlangt auch bei sonstigen sexuellen Belästigungen über die sexuelle Belästigung hinaus zusätzliche Umstände, die der Handlung die Bedeutung der Missachtung der Ehre des Opfers verleihen.

Sexualstrafverfahren sind äußerst sensibel und in der Regel mit sehr hohen Strafen bedroht (80 % aller Verurteilungen im Sexualstrafrecht sind Freiheitsstrafen). Gleichzeitig drohen dem Beschuldigten einer Sexualstraftat aber auch schwere außergerichtliche Konsequenzen wie öffentliche Negativpresse oder gravierende Auswirkungen auf Berufs- und Privatleben (Stichwort: Eintrag ins Führungszeugnis, Durchsuchung am Arbeitsplatz, Festnahme, oder Abkehr von Familie und Freunden).

Ein Beitrag von RA Stephens

RA Stephens ist langjähriger Strafrechtler, der neben seiner Tätigkeit als Anwalt auch an der Universität Strafrecht unterrichtet und durch seine enge strafrechtliche Spezialisierung den Mandanten optimale Leistungen und eine bestmögliche strafrechtliche Vertretung garantieren kann. Unsere Kanzlei setzt sich vom ersten Tag der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen für unsere Mandanten ein und erzielt dadurch regelmäßig außergewöhnlich gute Ergebnisse.

Rechtsanwälte Stephens & Perperidis
Nymphenburger Höfe
Nymphenburgerstr. 6f
80335 München
www.strafrecht-muenchen.com
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