Das Landgericht Hamburg hat einen Taxifahrer, der einen weiblichen Fahrgast für mehrere Stunden in den Kofferraum seines Taxis einsperrte, wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Bedrohung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt.

Der Sachverhalt

Auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten sowie der Aussage des weiblichen Fahrgastes geht das Gericht davon aus, dass der Angeklagte die Frau am 04.09.2011 gegen 5.15 Uhr als Fahrgast aufgenommen hat. Nach kurzer Zeit wies die 33jährige den Angeklagten darauf hin, dass er den falschen Weg fahre, woraufhin er entgegnete, sie möge sich "nicht so anstellen".

Die Frau erklärte, sie sei nicht bereit, die durch den Umweg verursachten Mehrkosten zu bezahlen. Der Angeklagte stoppte daraufhin abrupt sein Fahrzeug und zerrte die Frau aus dem Auto. Anschließend versetzte er ihr einen Faustschlag ins Gesicht, stieß sie in den Kofferraum und setzte die Fahrt fort. Auf das Bitten und Betteln der Frau, sie freizulassen, ging der Angeklagte nicht ein, sondern beschimpfte sie abfällig. Der Angeklagte fuhr unterdessen mit dem Taxi zu sich nach Hause nach Hasloh (Schleswig-Holstein).

Dem Opfer gelang es nach der Ankunft, über ein Mobiltelefon mit der Polizei Kontakt aufzunehmen; die Ortung des Telefons ermöglichte aber keine präzise Bestimmung ihres Aufenthaltsortes. Nachdem der Angeklagte der Frau noch angedroht hatte, sie werde "da nicht lebend rauskommen", ließ er das Fahrzeug zurück und legte sich schlafen. Erst um 11.45 Uhr konnte die stark mitgenommene Frau von Polizisten, die durch die Schwägerin des Angeklagten alarmiert worden waren, befreit werden. Die Frau leidet erheblich an den psychischen Folgen der Tat, ist seitdem arbeitsunfähig krankgeschrieben und befindet sich nach wie vor in psychiatrischer Behandlung.

Das Urteil

Mit seiner Tat hat sich der Angeklagte neben Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung insbesondere wegen einer Freiheitsberaubung mit schwerer Gesundheitsschädigung strafbar gemacht. Auch wenn nach der Aussage des in der Beweisaufnahme angehörten Sachverständigen nicht absehbar ist, inwieweit sich das Opfer von den psychischen Folgen der Tat möglicherweise noch erholen wird, ist nach Überzeugung der Großen Strafkammer bereits jetzt eine schwere Gesundheitsschädigung anzunehmen. Die mittlerweile fünf Monate andauernde posttraumatische Belastungsstörung ist chronisch.

Nicht ausschließen konnte das Gericht, dass der Angeklagte nach Tatbeginn aufgrund des auch während der Tat konsumierten Alkohols in seiner Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, erheblich eingeschränkt war. Der Strafrahmen war daher nach den gesetzlichen Vorschriften zu mildern und reichte von einer dreimonatigen Freiheitsstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten.

Bei der Strafhöhe hat die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprochen. Zugunsten des Angeklagten sind insbesondere sein Geständnis, seine Reue und der Umstand berücksichtigt worden, dass er bislang nicht vorbestraft ist. Auch hat der Angeklagte durch sein kooperatives prozessuales Verhalten in der Hauptverhandlung die Belastung für das Opfer nicht noch weiter erhöht. Zu Lasten des Angeklagten fiel dagegen schwer ins Gewicht, dass er sein wehrloses Opfer während der Tat in menschenverachtender Weise über mehrere Stunden Todesängsten aussetzte. Auch die nach wie vor ganz erhebliche Beeinträchtigung des Opfers in seiner Lebensführung wirkte sich strafschärfend aus. Trotz der Unbestraftheit, des kooperativen Prozessverhaltens und des fortgeschrittenen Alters des  Angeklagten hat sich die Kammer veranlasst gesehen, eine vergleichsweise hohe Freiheitstrafe zu verhängen, da nur diese dem noch andauerndem Leiden des Opfers gerecht wird.

Als unbefriedigend bezeichnete die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung den Umstand, dass es nicht gelungen sei, in dem Verfahren Klarheit über die Tatmotivation des Angeklagten zu erlangen. Der Angeklagte selbst hatte hierzu lediglich vorgebracht, sein Verhalten sei auch für ihn unerklärlich; er wisse nicht, warum er so "verrückt" gewesen sei. Aber auch die psychiatrische Begutachtung hat hier zu keinen eindeutigen Erkenntnissen geführt, vielmehr leidet der Angeklagte aus psychiatrischer Sicht nicht an einer schweren Persönlichkeitsstörung.

Da der Angeklagte Ersttäter ist, konnte die für eine Verhängung eines Berufsverbots erforderliche Gefahrenprognose nicht gestellt werden. Ein Entzug der Fahrerlaubnis kam nicht in Betracht, da die Tat nicht die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet hat. Weitere Maßnahmen, wie der Entzug der Taxikonzession, bleiben der Ordnungsbehörde vorbehalten.

Gericht:
Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.02.2012 - 628 KLs 17/11

LG Hamburg PM vom 03.02.2012
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