Der unkontrollierte Verkehr zwischen Verteidiger und inhaftiertem Mandanten ist nur zulässig, soweit dies unmittelbar der Vorbereitung der Verteidigung dient. Ein Münchner Strafverteidiger leitete unbefugt den Brief eines Inhaftiertens an dessen Freundin weiter.

Am 19.4.11 verhängte das Amtsgericht München gegen einen Münchner Strafverteidiger eine Geldbuße von 300 Euro, da er einen ihm von einem Gefangenen übergebenen Brief weiterleitete. Das Urteil ist nun rechtskräftig, da eine Beschwerde vor dem OLG Bamberg erfolglos bleib.

Der Sachverhalt


Im August 2010 nahm ein Münchner Anwalt von seinem Mandanten, der sich in einer Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft befand, einen als Verteidigerpost gekennzeichneten Brief entgegen. In diesem bat der Untersuchungshäftling den Anwalt um die Weitergabe von detaillierten Verhaltensanweisungen an seine Freundin. Diese sollte für ihn seine Mietangelegenheiten regeln. Der Anwalt leitete dieses Schreiben an die Freundin weiter.

Die Entscheidung

Das Amtsgericht München kam zu dem Ergebnis, dass Anwalt unbefugt gehandelt habe, weil insbesondere § 148 Abs. 1 StPO einem Verteidiger nicht die Erlaubnis gewähre, jenen mittels Verteidigerpost übermittelten Brief des inhaftierten Mandanten an die Lebensgefährtin weiterzuleiten. Hätte der Mandant unmittelbar an seine Freundin geschrieben, so wäre dieser Brief unzweifelhaft der Briefkontrolle unterlegen. Dadurch, dass der Brief über den Verteidiger als Verteidigerpost deklariert den Anstaltsbereich verließ und vom Betroffenen als Verteidiger weitergeleitet wurde, sei die Briefkontrolle umgangen worden.

Zwar sei einem Beschuldigten, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß befinde, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit seinem Verteidiger zu gestatten. Dies gelte jedoch nur zum Zwecke der Verteidigung und soweit es unmittelbar der Vorbereitung der Verteidigung diene. Deswegen handle ein Verteidiger rechtswidrig, wenn er sich beispielsweise als Übermittler von Briefen von Angehörigen oder anderen Personen oder von Kassibern betätige.

Erhalt der Wohnung fällt nicht unter das Verteidigerprivileg

Bemühungen um den Erhalt der Wohnung und ähnliches würden nicht unter das Verteidigerprivileg fallen, auch wenn diese mittelbar durchaus auch für das Vorliegen von Haftgründen oder im Hinblick auf die Sanktionsentscheidungen des Gerichts von Bedeutung sein können. Unerheblich sei auch der Inhalt des übermittelten Schreibens, da der einschlägige Tatbestand ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstelle. Die Argumentation, das Schreiben wäre nicht angehalten worden, wenn es über die Briefkontrolle gelaufen wäre, sei daher nicht stichhaltig.

Gericht:
Amtsgericht München, AZ 1123 OWi 120 JS 13019/10

Quelle: AG München
Redaktion Rechtsindex

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