Nach einer Entscheidung des FG Münster  (Az. 5 K 2545/13 E), sind die Aufwendungen für den Freikauf vom türkischen Wehrdienst weder als Werbungskosten, noch als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig.

Der Sachverhalt

Als türkischer Staatsangehöriger sei er, der Kläger, in der Türkei wehrdienstpflichtig gewesen und sei verpflichtet gewesen, der 18 Monate andauernden türkischen Wehrdienstpflicht in der Türkei nachzukommen. Als in Deutschland ansässiger türkischer Staatsbürger habe er diese Wehrdienstpflicht längstens bis zum 38. Lebensjahr zurückstellen können.

Um der regulären Dienstableistung in der Türkei zu entgehen, habe er von der bestehenden Möglichkeit Gebraucht gemacht, sich vom türkischen Wehrdienst für 5.112 € freizukaufen und nur für ca. drei Wochen einer kurzzeitigen Ausübung der Wehrdienst nachzukommen.

Er, der Kläger, habe sich dabei nicht freiwillig für den Freikauf entschieden. Der Freikauf sei für ihn vielmehr unvermeidbar und zwangsläufig gewesen. Denn die Ausübung des regulären türkischen Wehrdienstes hätte für ihn und seine Familienangehörigen, die sämtlich bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hätten, eine unvorstellbare Härte bedeutet. Er hätte nicht nur seine Arbeitsstelle verloren. Nach deutschem Aufenthaltsrecht wäre zudem die Aufenthaltserlaubnis wegen der langzeitigen Abwesenheit gelöscht worden; eine Weitererteilung sei nicht mehr möglich gewesen. Dies hätte die unerwünschte Auflösung der Familie bedeutet. Für den Freikauf seien Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.534 € angefallen

Die Entscheidung des Finanzgerichts Münster (Az. 5 K 2545/13 E)

Die geltend gemachten Aufwendungen für den Freikauf vom türkischen Wehrdienst können einkommensteuerlich nicht geltend gemacht werden.

Freikauf vom türkischen Wehrdienst - Keine Werbungskosten

Die Aufwendungen für den Freikauf stellen zunächst keine Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs.1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit dar. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass er die Aufwendungen auch deshalb getätigt hat, um seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit ohne Beeinträchtigung durch die normale Wehrdienstzeit von 18 Monaten nachgehen zu können und um sich diesen Arbeitsplatz auch für die Zukunft zu erhalten.

Die Aufwendungen für den Freikauf vom Wehrdienst können jedoch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden, weil sie in einem nicht unbedeutenden Umfang auch Aufwendungen für die allgemeine Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG darstellen und damit gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig sind.

Der Kläger wollte mit der Abstandszahlung die anstehende grundlegende Veränderung einer privaten Lebensführung vermeiden. Der Senat kann nicht feststellen, dass diese Gründe der privaten Lebensführung bei der Entscheidung, ob die Aufwendungen gemacht werden sollen, nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt haben. Zudem ist die Ableistung des Wehrdienstes eine staatsbürgerliche Pflicht, die grundsätzlich jeden unter die entsprechenden Gesetze seines Heimatlandes fallenden Bürger trifft, und zwar unabhängig vom Beruf.

Die Erfüllung des Wehrdienstes betrifft daher bereits grundsätzlich die private Lebensführung aller Wehrpflichtigen (FG Nürnberg, Urteil vom 15.12.1981 VI 252/81, EFG 1982, 292). Eine Aufteilung der gemischten Aufwendungen in nichtabziehbare Kosten der Lebensführung und in Werbungskosten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil keine objektiven Merkmale oder Unterlagen vorhanden sind, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen.

Freikauf vom türkischen Wehrdienst - Keine außergewöhnliche Belastungen

Auch ein Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG - wie es der Kläger meint - scheidet aus. Als außergewöhnlich bezeichnet § 33 Abs. 1 EStG Aufwendungen, die größer sind, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Da die Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht für Personen bestimmten Alters und Geschlechts ist, die diese grundsätzlich gleichermaßen trifft, können Aufwendungen zur Ableistung und solche zur Abwendung des Wehrdienstes nicht als außergewöhnlich bezeichnet werden (FG Hamburg, Urteil vom 22.01.1982 V 425/81, EFG 1982, 293).

Die Aufwendungen zum Freikauf vom Wehrdienst sind dem Kläger zudem nicht zwangsläufig erwachsen. Aufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG. Im Streitfall hätte der Kläger sich den Aufwendungen entziehen können, indem er seiner Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes nachkommt.

Gericht:
Finanzgericht Münster, Gerichtsbescheid vom 12.02.2014 - 5 K 2545/13 E

FG Münster
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