Das Finanzgericht Köln hat zwar erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuer-ID geäußert. Kam aber nicht zur Überzeugung, dass das Recht des einzelnen Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung das Interesse der Allgemeinheit an einer gleichmäßigen Besteuerung überwiegt.

Der Sachverhalt

Hinter den Musterverfahren stehen über 170 Klagen von Bürgern, die sich vor dem in Deutschland allein zuständigen Finanzgericht Köln auf die Verfassungswidrigkeit der Vergabe der Steuer-ID berufen. Nach Auffassung der Kläger bereite die bundeseinheitliche Steuer-ID den Weg zum "gläsernen Bürger". Dies zeige sich auch daran, dass selbst Babys unmittelbar nach der Geburt mit Post vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Steuer-ID erhalten. Außerdem wird die "Nummerierung" der Menschen als "Personenkennzeichen" aus religiösen Gründen abgelehnt.

Zentrale Erfassung durch den Staat

Seine verfassungsrechtlichen Zweifel stützt der Senat u.a. darauf, dass durch die Steuer-ID letztlich alle in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bürger zentral durch den Staat erfasst würden. Damit bestehe die Möglichkeit, durch entsprechende Erweiterungen der zu speichernden Daten bzw. durch die Vernetzung verschiedener Datenpools einen großen zentralen Datenbestand zu schaffen. Hieraus könnte sich künftig auch die Gefahr der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen ergeben. Auch sei es fraglich, ob es zum Zwecke der gleichmäßigen Besteuerung tatsächlich erforderlich sei, die Steuer-ID "flächendeckend" zuzuteilen und "flächendeckend" Daten zu speichern, unabhängig davon, ob die betreffenden Personen schon einen Besteuerungstatbestand erfüllt hätten. Diesbezüglich komme es in gewisser Weise zu einer "Vorratsdatenspeicherung".

Verletzung der Religionsfreiheit?

Soweit einzelne Kläger auch die Verletzung der Religionsfreiheit nach Art. 4 Absatz 1 GG geltend gemacht haben (z.B. im Verfahren 2 K 3093/08, 2 K 3986/08), besteht nach Auffassung des Senats schon kein Eingriff in den Schutzbereich. Die Steuer-ID stelle lediglich ein behördeninternes Ordnungsmerkmal dar. Den Klägern werde nicht ihr christlicher Name abgesprochen. Er bleibe erhalten und werde auch wie bisher verwendet.

Der 2. Senat hat gegen die Urteile die Revision beim Bundesfinanzhof in München zugelassen.

Gericht:
Finanzgericht Köln, Entscheidungen vom 7. Juli 2010 (u.a. 2 K 3093/08, 2 K 3986/08, 2 K 3265/08)

Finanzgericht Köln, Rechtsindex
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