Nach einem Urteil des SG Frankfurt a.M. (Az. S 26 AS 795/13) dürfen einem Hartz IV-Bezieher die Leistungen ausnahmsweise auch gekürzt werden, wenn er zu einem Termin bei der Behörde nicht erscheint und hierzu nur eine Krankschreibung vorlegt, nicht aber die verlangte Reiseunfähigkeitsbescheinigung.

Der Sachverhalt

Der 50-jährige Kläger wurde wiederholt zu Gesprächsterminen bei der Hartz IV-Behörde eingeladen, zu denen er nicht erschien. Stattdessen legte er über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Daraufhin wurde er von der Behörde zu einem weiteren Termin geladen und dabei aufgefordert, im Falle der Verhinderung eine Reiseunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Der Rechtsanwalt des Klägers teilte hierzu unter Vorlage weiterer Krankschreibungen mit, der Termin solle gestrichen werden.

Die Behörde kürzte in der Folge die Hartz IV-Leistungen des Klägers um 38,20 € monatlich für die Dauer von drei Monaten, da der Kläger ohne ausreichenden Grund zu dem Gesprächstermin nicht erschienen sei.

Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a. M. (Az. S 26 AS 795/13)

Das Sozialgericht Frankfurt a. M. hat die gegen die Sanktion erhobene Klage zurückgewiesen. Zwar reiche eine Krankschreibung im Regelfall aus, um die Nichtwahrnehmung eines Termins bei der Behörde zu entschuldigen. Die Behörde dürfe jedoch in begründeten Ausnahmefällen zusätzlich eine Reiseunfähigkeitsbescheinigung verlangen, so das Urteil (Az. S 26 AS 795/13).

Sozialgericht: Leistungskürzung ist rechtmäßig

Dies sei zum Beispiel dann der Fall, wenn der Hartz IV-Bezieher über einen längeren Zeitraum mehrere Termine versäume, hierfür stets Krankschreibungen vorlege und insoweit Zweifel bestünden, ob er tatsächlich unfähig sei, einen bloßen Gesprächstermin wahrzunehmen.

Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen

Die Arbeitsunfähigkeit sei dabei zwar nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen. Mit einer Arbeitsunfähigkeit sei aber regelmäßig die Vermutung verbunden, dass ein Meldetermin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden kann. Diese Vermutung sei dabei im Streitfall von den Sozialgerichten zu überprüfen.

Kläger verweigert Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht

Der Kläger habe im Klageverfahren nicht einmal bestritten, reisefähig gewesen zu sein. Vielmehr habe er behauptet, nicht in der Lage gewesen zu sein, einen Gesprächstermin wahrzunehmen, da die Auseinandersetzung mit der Behörde schwerste gesundheitliche Probleme bei ihm auslösen würde. Im Hinblick auf diese ungewöhnliche Erklärung habe es das Gericht als erforderlich angesehen, den behandelnden Arzt näher zur Erkrankung des Klägers und deren Auswirkung auf die Fähigkeit, Gesprächstermine wahrzunehmen, zu befragen. Dies sei aber nicht möglich gewesen, weil der Kläger es abgelehnt habe, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.

Gericht:
Sozialgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.06.2015 - S 26 AS 795/13

SG Frankfurt a.M.
Rechtsindex - Recht & Urteile