Die Pflicht des Gerichts zur Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG setzt einen ordnungsgemäßen Antrag voraus. Ein solcher liegt nicht vor, wenn anstelle eines bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Arztes eine Gemeinschaftspraxis mehrerer Ärzte benannt wird.

Der Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten war die Höherbewertung des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts umstritten. Der Kläger beantragte die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auf sein Kostenrisiko gem. § 109 SGG.

Als Sachverständigen benannte er zunächst die Orthopäden "R, B, E und Kollegen". Auf Aufforderung der Kammer, den als Sachverständigen zu beauftragenden Arzt konkret zu bezeichnen, beantragte der Kläger nunmehr, ein Gutachten bei der "Gemeinschaftspraxis M, P, L, Z und F" einzuholen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe (S 1 SB 2461/14)

Die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe (Az. S 1 SB 2461/14) hat die Klage abgewiesen und den Beweisantrag des Klägers abgelehnt: Mit der Bezeichnung "R, B, E und Kollegen" bzw. "Gemeinschaftspraxis M, P, L, Z und F" liege kein ordnungsgemäßer Antrag nach § 109 SGG vor.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss im sozialgerichtlichen Verfahren auf Antrag u.a. des behinderten Menschen "ein bestimmter Arzt" gutachtlich gehört werden. Der Antrag muss nach dem Gesetzeswortlaut auf Anhörung eines bestimmten Arztes gehen, der mit Name und Anschrift zu bezeichnen ist.

Dabei genügt es zwar, wenn die Angaben ausreichend sind, um den Arzt bestimmbar zu machen, etwa durch Angabe seiner Funktionsbezeichnung, z.B. als Chefarzt einer konkret benannten Klinik (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 109, Rand-Nr. 4 m.w.N.). Dagegen darf der Kläger nicht - wie vorliegend im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigen vom 25.11.2014 - mehrere Ärzte zur wahlweisen Anhörung benennen. Denn es ist Sache des Antragstellers, den Gutachter konkret zu bestimmen.

Auswahl des Gutachters darf nicht dem Gericht überlassen werden

Er darf die Auswahl des Gutachters nicht dem Gericht überlassen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. sowie Roller in Hk-SGG, 4. Auflage 2012, § 109, Rand-Nr. 8 m.w.N.). Der Aufforderung des erkennenden Gerichts dem abzuhelfen, ist der Kläger innerhalb der ihm hierzu eingeräumten Frist nicht nachgekommen. Vielmehr hat er - zudem erst deutlich nach Fristablauf - erneut eine Chirurgische Gemeinschaftspraxis, bestehend aus fünf namentlich bezeichneten Ärzten, als Sachverständigen benannt. Damit liegt kein ordnungsgemäßer Antrag gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG vor.

Gericht:
Sozialgericht Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 16.02.2015 - S 1 SB 2461/14

SG Karlsruhe
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