Steht nach einer Trennung keine Waschmaschine mehr zur Verfügung, kann ein Bedarf an "Erstausstattung" mit einer Waschmaschine vorliegen, der vom Leistungsträger zu decken ist, so das LSG Niedersachsen-Bremen. Wurde längere Zeit keine Waschmaschine genutzt, ist dadurch der Anspruch nicht verwirkt.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall des LSG Niedersachsen-Bremen (Az. L 11 AS 369/11), hatte die 1954 geborenen Klägerin, die in der Vergangenheit zunächst bis zum Jahr 1987 gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Waschmaschine, die zuletzt allerdings defekt war, genutzt. Nach der Scheidung konnte die Klägerin die Waschmaschine ihres neuen Lebenspartners nutzen. Nach der Trennung von diesem im Jahr 2004 hatte die Klägerin keine Waschmaschine mehr in der Wohnung, sondern nutzte einen Waschsalon.

Nach einem Umzug in einen Wohnort ohne Waschsalon beantragte die Klägerin beim beklagten Landkreis als SGB II-Träger einen Zuschuss zur Waschmaschine. Dieser gewährte jedoch lediglich ein Darlehen in Höhe von 179 Euro, da ein Zuschuss lediglich für die Erstausstattung gewährt werden könne. Das Sozialgericht bestätigte die Entscheidung des Landkreises.

Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Az. L 11 AS 369/11)

Im Berufungsverfahren hat der 11. Senat des Landessozialgerichts einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses für eine Waschmaschine bejaht. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasse grundsätzlich zwar auch die Kosten für den Hausrat und damit die Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine. Allerdings werden nach dem SGB II für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusätzliche Leistungen erbracht (§ 23 Abs. 3 SGB II alte Fassung und § 24 Abs. 3 SGB II neue Fassung). Eine Waschmaschine zähle zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten.

Der Begriff der Erstausstattung ist bedarfsbezogen zu verstehen

Darüber hinaus sei der Begriff der Erstausstattung nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Mit der Trennung von dem neuen Partner sei ein neuer Bedarfsfall entstanden.

Aus dem Urteil [...] Der Begriff der Erstausstattung ist nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, dass ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Gegenstände oder anderweitig gedeckt ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa: Urteil vom 23. Mai 2013 - B 4 AS 79/12 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 5, Rn 14 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Insoweit wurde bereits in der Gesetzesbegründung zu dem - im Wesentlichen gleichlautenden - § 31 SGB XII klargestellt, dass Leistungen für Wohnungserstausstattungen nicht nur bei - rein zeitbezogen - Erstbeschaffungen, sondern auch bei Ersatzbeschaffungen z.B. nach einem Wohnungsbrand oder bei einer Erstanmietung nach einer Haft in Betracht kommen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 15. August 2003, BR-Ds 559/03, Seite 192). Dementsprechend kommen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG Ansprüche nach § 23 Abs 3 Nr 1 SGB II a.F. (nunmehr: § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II) bei einem erneuten Bedarfsanfall (d.h. bei einer Ersatzbeschaffung) in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt (vgl. etwa: Urteil vom 23. Mai 2013 - B 4 AS 79/12 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 5, Rn 14). Zu diesen außergewöhnlichen Ereignissen zählt auch ein neu entstehender Bedarf bei Neugründung eines Haushalts nach Trennung vom Partner (BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 64/07 R, BSGE 101, 268) [...]

Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst ohne eigene Waschmaschine ausgekommen sei. Dass die Klägerin zunächst einen Waschsalon genutzt habe, bedeute nicht, dass der Anspruch verwirkt sei.

Aus dem Urteil [...]Eine solche „Verwirkung“ ist nicht dadurch eingetreten, dass die Klägerin trotz des bereits seit Beginn des SGB II-Leistungsbezugs bestehenden Anspruch nach § 23 Abs 3 Nr 1 SGB II a.F. (nunmehr: § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II) ihre Wäsche in einem Waschsalon gewaschen hat. Unabhängig davon, dass dies für den (damals zuständigen) Leistungsträger finanziell günstiger und für die Klägerin finanziell nachteilig gewesen sein dürfte, lag es in ihrer freien Entscheidung, aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Kosten für die Nutzung eines Waschsalons zu bestreiten. Der Beklagte kann hieraus im Hinblick auf seine Leistungsverpflichtung nach § 23 Abs 3 Nr 1 SGB II a.F. (nunmehr: § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II) keinerlei für die Klägerin nachteilige rechtlichen Folgerungen ziehen [...]

Im vorliegenden Fall komme es nicht mehr darauf an, ob in dem neuen Wohnort ein Waschsalon zur Verfügung stehe und damit eventuell ein weiterer neuer Bedarfsfall vorliege.

Themenindex:
Erstausstattung, Hartz IV, SGB II

Gericht:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.05.2014 - L 11 AS 369/11

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