Weder die Speicherung der Daten noch das Foto auf der elektronischen Gesundheitskarte verletzten das Sozialgeheimnis des Antragstellers oder sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Allgemeininteresse überwiege erheblich das Individualinteresse des Antragstellers.

Der Sachverhalt

Der in Berlin wohnende Antragsteller war noch im Besitz einer alten Krankenversichertenkarte, die zum 30. September 2013 ungültig wurde. Trotz mehrfacher Aufforderung weigerte er sich, seiner Krankenkasse zur Anfertigung der neuen elektronischen Gesundheitskarte die angeforderten Personalangaben und ein Lichtbild zu übersenden. Zur Begründung gab er an, die "biometrisch angelegten Krankenkarten" nicht nutzen zu wollen und verwies auf die dagegen erhobene öffentliche Kritik.

Am 21. Oktober 2013 rief der Antragsteller im Rahmen eines Eilverfahrens das Sozialgericht Berlin an. Er beantragte, die Krankenkasse zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung über seinen Versicherungsschutz auszustellen, die er anstelle der elektronischen Gesundheitskarte bei seinen Ärzten vorlegen könne. Mit Beschluss wies die 81. Kammer des Sozialgerichts Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück.

Die Entscheidung

Der Antragsteller sei gesetzlich verpflichtet, ab dem 1. Januar 2014 zum Nachweis seines Versicherungsschutzes die elektronische Gesundheitskarte zu nutzen. Diese Nutzungspflicht beschränke zwar die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers, sei jedoch durch das Interesse der Solidargemeinschaft an einer effektiven Leistungserbringung und Abrechnung der Behandlungskosten gerechtfertigt.

Mitwirkungspflicht des Antragstellers

Der Antragsteller sei auch zur Mitwirkung verpflichtet. Ohne die Übersendung der Personaldaten und eines Lichtbildes könne die Krankenkasse seine Karte nicht erstellen.

Bei der Erweiterung der Krankenversicherungskarte zur elektronischen Gesundheitskarte ändere sich nichts am Umfang der Daten, die zwingend auf der Karte enthalten seien. Weder die Speicherung dieser Daten noch das Photo verletzten das Sozialgeheimnis des Antragstellers oder sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (abgeleitet aus Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 Grundgesetz).

Allgemeininteresse überwiegt Individualinteresse

Das Allgemeininteresse an der Darstellung des Lichtbildes und der Speicherung der Daten überwiege erheblich das Individualinteresse des Antragstellers. Der Verwendung des auf der Karte dargestellten Bildes gegenüber den Berechtigten steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen. Denn das Lichtbild ist nicht in elektronischer Form auf der eGK gespeichert, sondern zur visuellen Identifizierung aufgedruckt. Aus diesem Grund bestehen auch keine Bedenken gegen die Darstellung der Unterschrift des Versicherten auf der Karte. Der damit verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung müsse hingenommen werden. Die zwingend anzugebenden Personaldaten beträfen keine höchstpersönlichen oder sensiblen Verhältnisse des Versicherten. Das Versicherungssystem könne im übrigen nur funktionieren, wenn sich alle Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen ausweisen würden.

Erweiterte Nutzung nur nach Zustimmung des Versicherten

Der Umstand, dass die elektronische Gesundheitskarte technisch geeignet sei, weitere Angaben und Funktionalitäten aufzunehmen, stehe der Nutzung nicht entgegen. Zum einen seien diese erweiterten Möglichkeiten noch gar nicht eingeführt. Zum anderen sei die erweiterte technische Nutzung laut Gesetz nur bei entsprechender Zustimmung der Versicherten zulässig.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Er kann vom Antragsteller mit der Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.

Rechtsnormen:

§ 15 Abs. 2 SGB V: Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung der Inanspruchnahme von Leistungen ... auszuhändigen.

§ 291 a Abs. 1 SGB V: Die Krankenversichertenkarte nach § 291 Abs. 1 wird bis spätestens zum 1. Januar 2006 zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Transparenz der Behandlung für die in den Absätzen 2 und 3 genannten Zwecke zu einer elektronischen Gesundheitskarte erweitert.

Gericht:
Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 07.11.2013 - S 81 KR 2176/13 ER

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