Ein wenige Stunden dauerndes privates Treffen während einer mehrtägigen Geschäftsreise führt nicht dazu, dass der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung endgültig verloren geht. so das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen.

Die im Anschluss an das Treffen angetretene Fahrt in das Übernachtungshotel steht wieder unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Unfall kann dann als Arbeitsunfall angesehen werden.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte der damals als Innenarchitekt tätige Kläger für seinen Arbeitgeber, ein Unternehmen für Büroausstattungen, eine mehrtägige Geschäftsreise unternommen. Er war in einer Gaststätte in Edewecht (Landkreis Ammerland) untergebracht und hatte unter anderem einen Geschäftstermin in der Stadtverwaltung in Oldenburg wahrzunehmen. Nach der Besprechung in Oldenburg traf sich der Kläger mit seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau in einem Restaurant zum Abendessen. Auf dem Rückweg nach Edewecht wurde sein PKW auf der Landstraße von einer Windbö erfasst und prallte gegen einen Alleebaum. Der Kläger erlitt einen Zertrümmerungsbruch des kleinen Beckens und eine Verrenkung der Hüfte.

Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremenhat hat ausgeführt, dass der Unfall als Arbeitsunfall einzustufen ist. Die Rückfahrt zu dem Übernachtungshotel stand nämlich in Zusammenhang mit der ausgeübten geschäftlichen Tätigkeit. Der Kläger hat sich wieder in das Hotel begeben, um an den nächsten Tagen weitere Geschäftstermine in der Umgebung wahrzunehmen. Dem wenige Stunden andauernden Treffen mit der Verlobten kam im Verhältnis zu der Gesamtgeschäftsreise nur eine geringe Bedeutung zu, so dass der Versicherungsschutz für die Rückreise in das Übernachtungshotel wieder gegeben war.

Unfallversicherungsschutz wäre unangemessen verkürzt

Bei mehrtägigen Geschäftsreisen ist es üblich, sich nach Abschluss des Arbeitstages nicht sofort ins Übernachtungshotel zu begeben, sondern den Abend gesellig oder mit Freizeitaktivitäten (Besuche von Restaurants, Gaststätten, Kino, Theater, Sportstätten etc) zu verbringen. Es würde den Unfallversicherungsschutz unangemessen verkürzen, wenn eine betrieblich veranlasste Fahrt (die Rückkehr ins Übernachtungshotel nach einem Geschäftstermin) aufgrund einer kurzen privaten Aktivität nicht mehr erfasst wäre.

Bei mehrtägigen Geschäftsreisen kann private Unterbrechung von mehr als einem Tag unschädlich sein

Das Landessozialgericht hat weiter ausgeführt, dass bei der Gewichtung zwischen der betrieblichen und der privaten Tätigkeit sowohl auf das zeitliche Verhältnis als auch auf die Dauer der gesamten Geschäftsreise und der privaten Unterbrechung abzustellen ist. Bei mehrtägigen Geschäftsreisen kann eine private Unterbrechung von einigen Stunden oder sogar von mehr als einem Tag unschädlich sein. Allerdings besteht auch bei Geschäftsreisen kein lückenloser Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Gericht:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.09.2012 - L 3 U 28/12

LSG Niedersachsen-Bremen, PM Nr. 9/12
Rechtsindex - Recht & Urteil