Wer als Kind nicht richtig lesen und schreiben lernt, dem ist später als Erwachsener auch der Zugang zum Arbeitsmarkt versperrt. Deshalb ist es Sache des Jobcenters, einem hilfsbedürftigen Schüler mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche eine entsprechende Therapie zu bezahlen.

Der Sachverhalt

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline berichtet, kann ein Marburger Mädchen, das Probleme mit dem Lesen und Schreiben hat, trotz der Förderung durch die Schule seit der 1. Klasse nicht das Leistungsniveau seiner Klassenkameraden erreichen. Deshalb erhält es eine besondere Therapie, deren Finanzierung allerdings strittig ist.

Zunächst war dafür nach einem entsprechenden richterlichen Beschluss das örtliche Jobcenter aufgekommen, das dann jedoch weitere Zahlungen ablehnte. Die dauerhafte Förderung sei im Sozialleistungskatalog nicht vorgesehen und grundsätzliche Aufgabe der Schule oder - bei besonderem Betreuungsbedarf - des Jugendamtes.

Sozialgericht sieht zukünftigen Berufseinstieg gefährdet

Dem widersprach die Sozialrichterin. Die Lese- und Schreibschwäche des Mädchens würde sich massiv auf dessen Bildungsniveau und damit auch auf seine späteren Berufschancen auswirken. "Wenn die schulischen Förderungsmöglichkeiten offensichtlich nicht ausreichen, hat das Jobcenter mit seinem Bildungspaket einzuspringen", erklärt Rechtsanwältin Tanja Leopold den Marburger Eilbeschluss. Eine Ablehnung der Leistungen wäre nur dann möglich, wenn die Schülerin über ihre eigentlichen geistigen Möglichkeiten hinaus gefördert werden soll. Das betroffene Mädchen aber ist überdurchschnittlich intelligent.

Da andererseits aber keine soziale Isolation oder eine seelische Erkrankung des Kindes drohe, hat hier auch nicht das Jugendamt einzuspringen.

Gericht:
Sozialgericht Marburg, Beschluss vom 01.11.2012 - 5 AS 213/12 ER 

Quelle: www.anwaltshotline.de
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