Sommerzeit ist Ferienzeit - das bedeutet nicht nur Entspannung und Erholung, sondern oftmals auch Stress. Selbst bei Pauschalreisen kann schließlich so einiges schiefgehen, z. B. wenn man am Urlaubsort plötzlich ohne Gepäck dasteht und deswegen Ersatzkäufe tätigen muss.

Es ist schon ärgerlich: Man steht am Flughafen, wartet am Förderband auf seinen Koffer - aber umsonst. Der Koffer ist am heimatlichen Flughafen zurückgeblieben, beim Umsteigen verloren gegangen oder sonst wo gelandet. Gepäckstücke tauchen zwar meistens irgendwann wieder auf - in der Zwischenzeit steht man aber erst einmal ohne Kleidung und Kosmetikartikel da. Für betroffene Urlauber stellt sich dann die Frage, ob man wegen verspätet gelieferten Reisegepäcks den Reisepreis mindern und die Kosten für Ersatzkäufe - z. B. Kleidung und Waschzubehör - erstattet verlangen kann?

Urlaub wird zur Odyssee

Eine Frau buchte eine siebentägige Pauschalreise nach Spanien. Der Urlaub verlief aber alles andere als erwartet - vielmehr sorgten eine 24-stündige Flugverspätung, Lärm im Hotel und ein vermisster Koffer für Stress statt Erholung. Diese Vorfälle meldete die Urlauberin unverzüglich der Reiseleitung vor Ort. Dennoch erhielt die Frau erst nach drei Tagen ihren Koffer. Um in der Zwischenzeit etwas zum Anziehen und für die Körperhygiene zu haben, hatte die Reisende Kleidung und Kosmetik für insgesamt 464,74 Euro gekauft.

Wieder zu Hause angekommen machte die enttäuschte Urlauberin unter anderem wegen der verspäteten Kofferlieferung Ansprüche auf Reisepreisminderung und Schadenersatz geltend. Der Reiseveranstalter wollte aber den geforderten Betrag nicht vollständig erstatten - bzgl. der Ersatzkäufe etwa war er nur bereit, 150 Euro zu zahlen. Daraufhin zog die Frau vor Gericht.

Kein Anspruch auf Schadenersatz

Nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) Köln durfte die Frau wegen des fehlenden Koffers für die ersten drei Tage des Urlaubs zwar den Reisepreis mindern, allerdings keinen Schadenersatz aufgrund der Ersatzkäufe verlangen.

Fehlender Koffer rechtfertigt Reisepreisminderung

Im Rahmen einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter unter anderem zum ordnungsgemäßen Transport des Gepäcks verpflichtet. Auch muss er dafür sorgen, dass der Koffer rechtzeitig am Urlaubsort landet. Anderenfalls liegt ein Mangel vor - schließlich kann der Urlauber dann nicht über seine mitgebrachten Habseligkeiten verfügen, sich also bei Bedarf z. B. nicht umziehen. Wie stark die Beeinträchtigung - und damit auch die Höhe der Minderung - dadurch tatsächlich ist, hängt jedoch stets vom Einzelfall ab. Wurden etwa Ersatzkäufe getätigt, wird deswegen nämlich der Verlust der Gegenstände durch die Neuanschaffung regelmäßig ausgeglichen.

Da die Frau ihren Koffer trotz unverzüglicher Mängelanzeige erst nach drei Tagen wiederbekommen hat, lag zweifelsohne ein Mangel vor, weshalb das Gericht für diese Tage gemäß § 651d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Reisepreisminderung von 15 Prozent als gerechtfertigt ansah. Dabei musste aber berücksichtigt werden, dass die Frau Ersatzkäufe getätigt hatte und somit über Ersatzkleidung und -kosmetikartikel verfügte, was wiederum die Beeinträchtigung verringerte.

Keine Erstattung der Kosten für Ersatzkäufe

Einen Schadenersatzanspruch nach § 651f BGB - der über den vom Reiseveranstalter angebotenen Betrag von 150 Euro hinausging - lehnte das Gericht dagegen ab. Die Urlauberin konnte nämlich nicht nachweisen, dass sie aufgrund der Ersatzkäufe eine Vermögenseinbuße - und damit einen Schaden - erlitten hatte.

So hatte sie vielmehr die im Koffer eingepackten Gegenstände schonen können, als sie die neuen während des Urlaubs nutzte. Auch kann sie die Ersatzkleidung, -schuhe und -kosmetik nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub zu Hause weiternutzen. Ferner handelte es sich nicht um "Notkleidung" - sie hatte also nicht nur erforderliche und günstige Gegenstände wie z. B. Unterwäsche und Zahnbürste gekauft, sondern auch hochwertige Kleidung. Und die erwirbt man im Urlaub oftmals auch unter normalen Umständen als "Mitbringsel". Mangels Schaden konnte die Frau also keinen Schadenersatz verlangen.

Gericht:
Amtsgericht Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 142 C 392/14

Sandra Voigt
Assessorin
Redakteurin - Juristische Redaktion
Ein Beitrag von anwalt.de services AG

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