Nach Urteil des Amtsgerichts München ist eine akute Belastungsreaktion aufgrund der Trauer um den verstorbenen Partner in der Regel keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinn der Reiserücktrittsbedingungen und gibt keinen Anspruch auf Erstattung der Stornierungskosten.

Der Sachverhalt

Die Klägerin buchte am 05.12.2013 eine für sich und ihren Ehemann zum Preis von 5.736,00 Euro für den Zeitraum 07.06.2014 bis 17.06.2014. Am 30.04.2014 beantragte sie bei der nunmehr beklagten Reiseversicherung in München den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung.

In der Nacht des Antrages starb völlig überraschend der Ehemann der Klägerin. Die Versicherung nahm den Antrag der Klägerin am 07.05.2014 an. Sie wusste nicht, dass der Ehemann verstorben ist. Die Klägerin stornierte die Reise am 20.05.2014. Sie habe infolge des Todes ihres Mannes an einer schweren Psychosozialen Belastungsstörung gelitten, wodurch der Reiseantritt unmöglich gewesen sei. Der Reiseveranstalter berechnete Stornogebühren in Höhe von 3.441,60 Euro. Diese verlangt die Klägerin von der Reiseversicherung ersetzt. Die Reiseversicherung verweigerte den Ersatz dieser Kosten. Daraufhin erhob die Witwe Klage zum Amtsgericht München.

Das Urteil des Amtsgerichts München

Der zuständige Richter wies die Klage ab. Die Reiserücktrittsversicherung muss nicht zahlen. Nach den Versicherungsbedingungen sei die Klägerin verpflichtet gewesen, das versicherte Ereignis, also den Tod des Mannes, unverzüglich anzuzeigen und die Reise unverzüglich zu stornieren.

Gericht: Obliegenheitsverletzung der Klägerin

Die Meldung erst am 20.5.2014 stelle eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung der Klägerin dar, so dass nach den Vertragsbedingungen die Versicherung von der Leistungspflicht frei geworden ist.

Gericht: Trauer sei keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinne der Reiserücktrittsbedingungen

Im Übrigen sei die Trauer der Klägerin keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinne der Reiserücktrittsbedingungen. Die Klägerin zeigte nachvollziehbarerweise eine akute Belastungsreaktion - mithin einen psychischen Schock. Dies ist jedoch keine psychische Störung im Sinne eines regelwidrigen Zustandes. Die (schwere) Trauer ist vielmehr als ganz normale Folge des Versterbens eines nahen Angehörigen zu sehen, so das Gericht.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 20.08.2015 - 233 C 26770/14

AG München, PM
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