Das Mitglied eines Fitnessstudios kündigte seinen Vertrag, da sein Arzt empfohlen hatte, nicht mehr zu trainieren. Das Studio verlangte ein ärtzliches Attest. Kann der Betreiber eines Fitnessstudios von seinen Kunden grundsätzlich ein ärztliches Attest verlangen?

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall kündigte der Beklagte den Vertrag über die Nutzung des Fitnessstudios, da sein Augenarzt die Empfehlung ausgesprochen hatte, bei seinem gesundheitlichen Zustand nicht mehr weiter am Training teilzunehmen.

Das Fitnessstudio forderte zur Bearbeitung der außerordentlichen Kündigung ein Attest von dem behandelnden Arzt.  Dem kam der Beklagte nach, aber es entstanden weitere Fragen. Der Beklagte weigerte sich weitere Fragen zu seinem Gesundheitszustand zu beantworten.

Der Betreiber des Fitnessstudios begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen in Höhe von insgesamt 787,00 Euro.

Die Entscheidung

Wenn ein Kunde eines Fitness-Studio-Vertrages zwar schon vor Abschluss dieses Vertrages an einer Erkrankung litt, jedoch dann eine Verschlechterung seiner Krankheit im Laufe der Nutzung des Fitness-Studios eintritt, so ist der Kunde dann auch berechtigt, eine außerordentliche Kündigung auf diese Verschlechterung seiner Erkrankungen zu stützen.

Ein fristloses Kündigungsrecht nach § 314 BGB besteht immer dann, wenn der Kunde durch eine nicht vorhersehbare Erkrankung auf unbestimmte Zeit daran gehindert ist, die Leistungen des Fitnessstudios in Anspruch zu nehmen, so dass ein Festhalten an einem langfristigen Vertrag unbillig wär1.

Dem steht es im Übrigen gleich, wenn der Kunde zwar bei Abschluss des Fitnessvertrages eine Vorerkrankung hatte, diese jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vollständig ausgeheilt war – und mit einem erneuten Aufflammen der Erkrankung nicht zu rechnen war – oder wenn die langfristige Aufnahme eines Fitnesstrainings auf ausdrückliches ärztliches Anraten erfolgte2.

Nur wenn die Erkrankung des Kunden zum Zeitpunkt des Abschlusses des Fitnessvertrages (auch nach einer evtl. Operation) noch nicht vollständig ausgeheilt gewesen wäre, sondern immer noch einer ärztlichen Behandlung bedurft hätte, wäre das Risiko, auf Grund dieser Erkrankung den abgeschlossenen Fitnessvertrag nicht in vollem Umfang nutzen zu können, allein dem Beklagten als Kunden anzulaste3.

Muss ein ärztliches Attest vorgelegt werden?

Der Beklagte war im Übrigen noch nicht einmal verpflichtet, der Klägerin dieses ärztliche Attest vorzulegen, aus dem sich die konkrete ärztliche Diagnose ergibt, oder gar Einsicht in die Krankenakte zu gewähren. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG verbietet nämlich eine Pflicht zur näheren Darlegung der Erkrankung.

Eine nähere Darlegung wäre lediglich dann erforderlich, wenn sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalles Anhaltspunkte ergäben, dass es sich bei den ausgestellten Attesten um ein sog. Gefälligkeitsattest handeln könnte. Der Betreiber eines Fitnessstudios kann somit von seinen Kunden grundsätzlich kein ärztliches Attest verlangen (OLG Hamburg, Urteil vom 14.12.2000, Az.: 3 U 94/00). 

Rechtsgrundlagen:
§ 314 BGB, §§ 314ff BGB, § 535 BGB, §§ 535ff BGB, § 611 BGB, §§ 611ff BGB, § 626 BGB

Gericht:
Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 17.05.2019 - 31 C 60/18

AG Brandenburg
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1 (LG Kiel, Urteil vom 30.01.2009, Az.: 8 S 54/08; AG Eisenach, Urteil vom 17.10.2013, Az.: 54 C 321/13; AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 20.07.2007, Az.: 509 C 117/07; AG Bad Homburg, Urteil vom 09.10.2003, Az.: 2 C 1744/03).
2 (LG Kiel, Urteil vom 30.01.2009, Az.: 8 S 54/08, u.a. in: juris; AG Eisenach, Urteil vom 17.10.2013, Az.: 54 C 321/13; AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 20.07.2007, Az.: 509 C 117/07; AG Bad Homburg, Urteil vom 09.10.2003, Az.: 2 C 1744/03).
3 (LG Kiel, Urteil vom 30.01.2009, Az.: 8 S 54/08; AG Eisenach, Urteil vom 17.10.2013, Az.: 54 C 321/13; AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 20.07.2007, Az.: 509 C 117/07; AG Bad Homburg, Urteil vom 09.10.2003, Az.: 2 C 1744/03).