Haftet ein Gastgeber auf Schmerzensgeld und Schadensersatz, wenn er ein Geschenk auspackt, in dem sich unter anderem Knallkörper befinden, einer dieser Knallkörper zündet und einem Gast ins Auge fliegt, wodurch der Gast erblindet? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Koblenz zu befassen.

Der Sachverhalt

Der Beklagte feierte als Gastgeber seinen Geburtstag. Der verletzte Kläger war auf dieser Feier eingeladen. Der Gastgeber hatte von anderen Gästen ein großes Geschenkpaket erhalten, in dem mehrere kleinere Päckchen sowie fünf Knallkörper versteckt waren.

Als einer der Knallkörper - der entsprechend dem aufgebrachten Warnhinweis nicht für den Inneneinsatz bestimmt war - auslöste, flog ein Teil des Knallkörpers in das linke Auge des in der Nähe stehenden Klägers. Der Kläger jedenfalls wurde erheblich verletzt, die letztendlich zur Erblindung des Auges führte.

Der Kläger verlangte nun vom Gastgeber vor dem Landgericht Koblenz klageweise Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000 € und Schadensersatz. Er machte geltend, er habe den Feuerwerkskörper ausgelöst. Hätte er sich diesen genauer angeschaut, hätte er sofort erkannt, dass dieser nicht im Innenraum hätte entzündet werden dürfen.

Der Gastgeber habe jedenfalls fahrlässig gehandelt. Dem hielt der Gastgeber entgegen, er habe von den Knallkörpern nichts gewusst. Er sei von einem ungefährlichen Geschenk ausgegangen. Warnhinweise habe er nicht wahrgenommen. Es sei versehentlich zur Auslösung des Knallkörpers gekommen.

Die Entscheidung

Die 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe weder aus § 823 Abs. 1 BGB, noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB ein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld zu, weil den Beklagten kein Verschulden treffe.

Der beklagte Gastgeber habe zum einen nicht vorsätzlich gehandelt, weil er die Verletzungen des Beklagten zum Zeitpunkt der Zündung des Knallkörpers nicht in Kauf genommen habe. Ihm könne zum anderen auch kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden.

Der beklagte Gastgeber habe weder durch eine aktive Handlung – Öffnen des Geschenks mit der veranlassten Zündung des Knallkörpers –, noch durch Unterlassen – fehlende Überprüfung des Geschenks auf Gefährlichkeit – fahrlässig gehandelt.

Dazu hat die Kammer im Einzelnen ausgeführt:

Unter Fahrlässigkeit sei das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu verstehen, wobei nicht die individuellen Fähigkeiten entscheidend seien, sondern die im Verkehr verlangten Fähigkeiten den maßgeblichen Standard darstellten. Dabei komme es insbesondere darauf an, ob eine Gefahr vorhersehbar sei. Daran fehle es im vorliegenden Fall.

Denn beim Öffnen eines Geschenks müsse der Beschenkte nach objektiver Betrachtung grundsätzlich nicht damit rechnen, dass sich allein aus dem Öffnen selbst eine Gefahrenlage ergebe. Würde man dies annehmen, so die Kammer weiter, wäre eine beschenkte Person grundsätzlich gehalten, vor dem Öffnen des Geschenks zu erfragen, was in dem jeweiligen Paket enthalten sei und ob sich hieraus Besonderheiten ergeben, die beim Öffnungsvorgang zu beachten seien.

Der Beklagte habe auch keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Allenfalls dann, wenn der Inhalt eines Geschenks bekannt oder aus irgendeinem Grund jedenfalls mit einer gewissen Gefährlichkeit zu rechnen sei, könne derjenige, der das Geschenk öffne, verpflichtet sein, beim Öffnen vorsichtig vorzugehen. Insofern ergebe sich auch keine Verkehrssicherungspflicht ein Paket nach dem Ergreifen zunächst nach allen Seiten zu kontrollieren, ob nicht irgendwo ein Aufdruck/Sicherheitshinweis etc. angebracht sei. Ein jegliche Gefahr vermeidendes Verhalten könne nicht verlangt werden.

Berufung ohne Erfolg

Das Oberlandesgericht Koblenz (Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 21.01.2019 - 4 U 979/18) hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung die Darstellung des Beklagten, wonach dieser von der Ungefährlichkeit des Geschenks ausgegangen ist und jenes hat lediglich öffnen wollen. Denn der Kläger sei den Beweis für seine hiervon abweichende Darstellung schuldig geblieben.

Den Vortrag des Beklagten zugrunde legend sei klargestellt worden, dass ein Beschenkter grundsätzlich davon ausgehen dürfe, dass das ihm überreichte Geschenk kein Gefahrenpotential berge, das sich bereits beim Öffnen der Verpackung realisieren könne, es sei denn er werde hierauf eindeutig hingewiesen, sei es durch den Schenker oder durch die Gestaltung der Verpackung, wobei nicht nach versteckten Hinweisen gesucht werden müsse.

Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht würden übersteigert, wenn der Beschenkte ohne konkreten Anlass jede Verpackung eines Geschenks, oder das, was er für eine Verpackung halten dürfe, erst rundum auf etwaige Warnhinweise absuchen müsse.

Gericht:
Landgericht Koblenz, Urteil vom 09.07.2018 - 15 O 276/17

LG Koblenz, PM
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