Nach Unterrichtsende befand sich der 12-jährige Schüler der 6. Klasse zusammen mit einem Freund auf dem Nachhauseweg. Dabei traf er auf eine 11-jährige Schülerin, die die 5. Klasse derselben Schule besucht, zog vor ihr die Hose runter und forderte das Mädchen zum Oralsex auf. Es folgte ein Schulausschluss. Zu Recht?

Der Sachverhalt

Die Eltern der Schülerin erstatteten bei der Polizei Anzeige gegen den Antragsteller. Die Schulleiterin erließ einen sofortigen Schulausschluss. Gegen diesen legte der Schüler, vertrteten durch die Eltern, Widerspruch ein und beantragte außerdem beim Verwaltungsgericht, den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug des Schulausschlusses auszusetzen.

Die Entscheidung

Der Antrag blieb ohne Erfolg. Beim Antragsteller liege ein schweres und auch wiederholtes Fehlverhalten vor, das den Erlass des Schulausschlusses rechtfertige, so das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Beschluss (Az. 12 K 2336/16). Zwar habe der Antragsteller wiederholt bestritten, auch sein Geschlechtsteil entblößt zu haben. Weiter habe er angegeben, er habe sich bei dem Vorfall auf der anderen Straßenseite befunden und habe auch die Hose sofort mit den Worten "war nur Spaß" wieder hochgezogen.

Nach Aktenlage seien diese Angaben jedoch widerlegt. So habe insbesondere der den Antragsteller an diesem Tag begleitende Freund angegeben, der Antragsteller sei zu der Schülerin gegangen und habe sie gefragt "ob sie ihm einen blasen kann". Er habe dabei seine Hose und Unterhose ausgezogen. 

Verhalten war kein Spaß mehr

Durch sein Fehlverhalten habe der Antragsteller die Schülerin in nicht unerheblichem Maße sexuell belästigt und beleidigt und so das Recht auf deren sexuelle Selbstbestimmung und deren Ehrgefühl verletzt. Dies wiege insoweit schwer, als der Antragsteller nicht nur verbal die Geschädigte zum Oralsex aufgefordert habe, sondern dabei auch die Hose und Unterhose herunter gezogen habe. Es spiele dabei keine Rolle, ob der Antragsteller dieses Verhalten selbst als "Spaß" angesehen habe.

Kein alterstypisches Verhalten

Obwohl der Antragsteller in seinem jungen Alter möglicherweise nicht die gesamte Tragweite seines Verhaltens überblickt habe, könne dies nicht als alterstypisches (vor-)pubertäres Verhalten angesehen werden. Denn es müsse auch dem Antragsteller klar gewesen sein, dass ein solches Verhalten die Grenze zum "Spaß" bei weitem überschreite, zumal sich der Antragsteller und die Geschädigte nur vom Sehen gekannt hätten.

Antragsteller fiel wiederholt auf

Beim Antragsteller liege zudem ein wiederholtes Fehlverhalten vor, da er vor allem im Schuljahr 2015/2016 in zahlreichen Fällen Mitschüler beleidigt, provoziert oder auch körperlich angegangen habe. Ein Verbleib des Antragstellers an der Schule lasse auch eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung und Sicherheit der Mitschüler befürchten.

Unzumutbar für die Schülerin

Zudem dürfte es der Geschädigten auch nicht zumutbar sein, weiter dieselbe Schule wie der Antragsteller zu besuchen, da es im Schulhaus und Schulgelände stets zu einem Zusammentreffen kommen und die Geschädigte damit jederzeit mit der Tat konfrontiert werden könne.

Gericht: Schulausschluss sei verhältnismäßig

Der Ausschluss des Antragstellers aus der Schule als schärfste Sanktion des Schulrechts sei auch verhältnismäßig, denn der Ausschluss sei geeignet, die Gefahr erneuter erheblicher Störungen durch den Antragsteller an der Schule zu verhindern. Eine mildere Maßnahme, mit der dieser Erfolg ebenfalls erreicht werden könne, sei nicht ersichtlich.

Soweit der Schulausschluss dazu führe, dass der Antragsteller seiner fortbestehenden Schulpflicht durch den Besuch einer anderen Schule genügen müsse, stünden die damit verbundenen Belastungen zu der Notwendigkeit, den Antragsteller zu einer dauerhaften Verhaltensänderung zu bewegen, in einem angemessenen Verhältnis. Auch sei der Antragsteller bereits von einer anderen Schule aufgenommen worden.

Gericht:
Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2016 - 12 K 2336/16

VG Stuttgart, PM
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