Ein Strafgefangener, der nicht körperlich arbeitet und keinen Sport treibt, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine tägliche Dusche, so das OLG Hamm. Eine gesellschaftliche Norm, nach der die tägliche Körperpflege stets eine Dusche oder ein Bad verlange, sei nicht feststellbar.

Der Sachverhalt

Der 1959 geborene Strafgefangene verbüßt eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf. Strafgefangene dieser Justizvollzugsanstalt können grundsätzlich zweimal in der Woche duschen. Gefangenen, die schweißtreibende körperliche Arbeit verrichten, ermöglicht die Anstalt eine tägliche Dusche.

Unbeschäftigte Gefangene können zudem nach jeder Teilnahme am Sport duschen. Im Übrigen sind die Hafträume mit modernen Nasszellen ausgestattet, die eine tägliche Körperpflege ermöglichen. Der Betroffene ist unbeschäftigt und gehört keiner Sportgruppe an. Sein Antrag, ihm täglich, zumindest aber alle zwei Tage eine Dusche zu ermöglichen, hat die Anstaltsleitung zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Der Betroffene habe, so das Oberlandesgerichts Hamm, keinen Anspruch auf tägliches Duschen bzw. darauf, alle zwei Tage duschen zu dürfen. Nach dem Strafvollzugsgesetz habe die Justizvollzugsanstalt für das körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlbefinden des Strafgefangenen zu sorgen. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, dass das körperliche Wohlbefinden des Betroffenen unter den gegebenen Umständen - zweimaliges Duschen in der Woche mit der Möglichkeit des normalen Waschens in der Nasszelle - leide.

Gericht: Tägliches Duschen nicht notwendig

Wenn es alternative Möglichkeiten der Körperpflege gebe, werde tägliches Duschen auch im Allgemeinen nicht als notwendig angesehen. Vielmehr warnten auch Dermatologen vor zu häufigem Duschen. Dass das seelische oder geistige Wohlbefinden des Betroffenen leide, wenn er nicht täglich duschen könne, sei ebenfalls nicht feststellbar. Möglicherweise sei sein soziales Wohlbefinden vermindert, wenn er sich an fünf Tagen in der Woche mit einer normalen Waschung begnügen müsse. Allerdings beeinträchtige bereits die Inhaftierung als solche das soziale Wohlbefinden. Ihr gegenüber sei der Umstand, an fünf Tagen der Woche auf eine normale Körperwäsche angewiesen zu seien, von so geringem zusätzlichen Gewicht, dass er das soziale Wohlergehen nur unwesentlich vermindere. 

Gericht: Waschen kann auch am Waschbecken vollzogen werden

Auch die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt, den Vollzug der Freiheitsstrafe soweit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, begründe keinen Anspruch auf eine tägliche Dusche. Mit den allgemeinen Lebensverhältnissen seien Lebensverhältnisse gemeint, die einer gesamtgesellschaftlich anerkannten Norm entsprächen. Gesellschaftliche Norm sei zwar eine mindestens tägliche Körperpflege. Diese könne aber auf unterschiedliche Weise, z.B. auch durch Waschen am Waschbecken vollzogen werden. Eine gesellschaftliche Norm, nach der die tägliche Körperpflege stets eine Dusche oder ein Bad verlange, sei demgegenüber - auch unter Berücksichtigung von im Internet zugänglichem statistischen Material - nicht feststellbar.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Bseschluss vom 10.11.2015 - 1 Vollz (Ws) 458/15

OLG Hamm, PM
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